17.07.2014

Verfahren

Zu Abschiebehaft kommt es, wenn ein Ausländer / eine Ausländerin abgeschoben werden soll und die Ausländerbehörde beim örtlichen Amtsgericht Abschiebehaft beantragt.

Seit 2007 ist in § 62 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz genau geregelt, wann die Ausländerbehörde den Betroffenen vorläufig festnehmen darf, um ihn zum Amtsgericht zu bringen. Es muss ein begründeter Verdacht vorliegen, dass der Ausländer / die Ausländerin sich dem Gerichtstermin entziehen will und ein dringender Verdacht, dass die Gründe für Abschiebehaft vorliegen. Außerdem muss es unmöglich sein, die richterliche Entscheidung vorher einzuholen. Also muss die Ausländerbehörde immer dann, wenn sie schon von vornherein plant, jemand in Abschiebehaft zu nehmen, auch schon vorher beim Amtsgericht den Antrag auf Abschiebehaft stellen. Sonst darf sie den Betroffenen nicht vorläufig festnehmen.

Beim Amtsgericht wird der Ausländer / die Ausländerin durch den zuständigen Richter / die zuständige Richterin angehört. Diese Anhörung muss durchgeführt werden. Der Ausländer / die Ausländerin muss in einer ihm / ihr verständlichen Sprache über die Gründe seiner / ihrer Inhaftierung unterrichtet werden (Art. 5 Abs. 2 EMRK). Es ist natürlich sehr sinnvoll bei der Haftanhörung einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin hinzuzuziehen. Es gibt aber kein Recht auf einen Pflichtverteidiger (weil Abschiebehaft keine Strafhaft darstellt). Und in der Praxis ist es oft schwierig oder unmöglich, kurzfristig einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin zu bekommen.

Der Richter / die Richterin entscheidet nach der Anhörung, ob Abschiebehaft verhängt wird und wie lange sie maximal dauern darf. Es wird ein Beschluss angefertigt und ein Protokoll erstellt. In den meisten Fällen wird die sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebehaft angeordnet.

Nach Artikel 104 Abs. 4 des Grundgesetzes muss bei Anordnung von Haft unverzüglich ein Angehöriger oder eine Person des Vertrauens des Inhaftierten benachrichtigt werden. Diese Regelung wird aber oft nicht eingehalten.

Gegen den Beschluss über die Verhängung von Abschiebehaft kann man innerhalb von einem Monat eine Beschwerde beim Amtsgericht einreichen. Wenn das Amtsgericht von den Gründen überzeugt ist, muss es den Beschluss ändern. Meistens wird die Angelegenheit jedoch zum Landgericht weitergeleitet und dort entschieden. Zumindest für die Begründung der Beschwerde sollte man einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin hinzuziehen. Den Antrag für die Beschwerde kann der Betroffene selbst oder auch die Vertrauensperson stellen.

Die genaueren Regeln sind im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) festgelegt. Für Verfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind galt noch das jetzt aufgehobene Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung (FrhEntzG) - dort betrug die Frist für eine sofortige Beschwerde zwei Wochen.

Das Landgericht kann eine erneute Anhörung des Betroffenen durchführen. Es muss dies in solchen Fällen tun, wo gerade die Aussagen des Abschiebehäftlings wichtig für die Entscheidung sind. Weil der Betroffene ja in Haft ist, muss das Verfahren über die Beschwerde beschleunigt durchgeführt werden - etwa 4 Wochen sind realistisch.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts kann beim FamFG nur noch eine Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof erfolgen. Der früher mögliche Weg zum Oberlandesgericht ist weggefallen. Deshalb ist es sehr wichtig, die Beschwerde beim Landgericht sorgfältig mit einem sachverständigen Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin zu begründen - das Verfahren beim Bundesgerichtshof ist langwierig und schwierig.

Nach § 426 Abs. 2 des FamFG ist es übrigens auch möglich, jederzeit beim Amtsgericht einen Antrag auf Aufhebung der Abschiebehaft zu stellen. Das ist dann sinnvoll, wenn die Zeit für eine Beschwerde abgelaufen ist, es jedoch neue Gründe dafür gibt, dass die Haft überflüssig oder unverhältnismäßig geworden ist. Zum Beispiel, wenn die Botschaft mitgeteilt hat, dass sie keine Passersatzpapiere ausstellen will oder die Ausländerbehörde das Abschiebeverfahren zu zögerlich betreibt. Genauso kann ein Haftaufhebungsantrag damit begründet werden, dass der Vollzug der Haft wegen Verstoß gegen das Trennungsgebot von Abschiebe- und Strafgefangenen nicht rechtmäßig erfolgt.

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