27.05.2010

Vorstandsbericht des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. für die Zeit vom 24. April 2009 bis 27. Mai 2010

Die letzte Jahreshauptversammlung war am 23. April 2009.

Zur Erstellung des Jahresberichtes haben wir die Protokolle des letzten Jahres durchgesehen. Auch für diese Berichtsperiode ist festzustellen, dass wir uns (von wenigen Ausnahmen abgesehen) wöchentlich donnerstags hier im Pfarrheim getroffen und anliegende Betreuungsfragen und andere Probleme, die mit der Vereinsarbeit im Zusammenhang stehen, diskutiert haben.

Ein großes Thema, dass in vielen Protokollen angesprochen wird, ist die Frage des Schutzes von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Zu diesem Punkt hat Frank ein ausführliches Papier für das Innenministerium erstellt und am 22. September 2009 eine Podiumsdiskussion in der Kulturwerkstatt Paderborn organisiert. Uns liegen die Interessen aller Abschiebehäftlinge am Herzen, inhaftierte Kinder und Jugendliche brauchen besondere Aufmerksamkeit.

Die Kooperation deutscher Behörden mit dem Staat Guinea hat uns auch häufig beschäftigt. Hier wird die Willkürlichkeit und Unberechenbarkeit staatlicher Abschiebepolitik besonders deutlich.

Wir müssen feststellen, dass es viele Kritikpunkte gibt, die immer wieder in den Protokollen auftauchen, leider fehlen in den meisten Fällen abschließende zufrieden stellende Antworten.

In unserem Bericht möchten wir wieder einige Besonderheiten in Erinnerung rufen, erfreuliche wie problematische.

Im Mai 2009 konnten wir bei dem Konzert der Toten Hosen in Bielefeld einen Infostand machen. Ein nicht üblicher aber interessanter Rahmen, um das Anliegen unseres Vereins nach außen zu bringen.

Im Juni 2009 erklärte sich das Berufskolleg Lemgo zur Schule ohne Rassismus. Es wäre mal interessant zu erfahren, wie die Schülerinnen und Schüler das zurückliegende Jahr unter diesem Motto erlebt haben.

Im Juli haben wir im Rahmen der Vereinssitzungen über die aktuell schwierige Situation für Flüchtlinge in Griechenland diskutiert. Selbst die offiziellen Behörden mussten die Missstände dort attestieren, so dass die Möglichkeit bestand, Häftlinge, die im Rahmen des Schengenabkommens nach Griechenland zurückgeschoben werden sollten, zunächst frei zu bekommen.

Im Juli liefen viele Vorbereitungen für unser 15-jähriges Vereinsfest, das dann am 8. August 2009 auf dem Hof von Anne Happe stattfand. Etwa 50 Gästen waren der Einladung gefolgt. Wir danken Anne für ihre Gastfreundschaft. Im August wurde auch noch die Demonstration gegen Abschiebehaft (vor der JVA und in Büren) vorbereitet. Demotag war der 29. August 2009. Die Beteiligung war zufrieden stellend, der Ablauf hätte stressfreier sein können.

Im September 2009 fand (neben der eingangs bereits erwähnten Podiumsdiskussion in der Kulturwerkstatt) ein Treffen interessierter Rechtsanwälte in Karlsruhe statt. Hintergrund dieses Treffens war die Gesetzesänderung, wonach das Oberlandgericht als Beschwerdeinstanz bei Abschiebehaft ausfällt und stattdessen sofort beim Bundesgerichtshof Beschwerde eingelegt werden muss. Es soll ein Netzwerk aufgebaut werden, um interessante Beschwerdefälle bis nach Karlsruhe zu bringen und damit Präzedenzurteile zu bekommen.

Im Oktober 2009 ist der seit unendlich vielen Jahren für die Abschiebehafturteile zuständige Richter beim Amtsgericht Paderborn, Richter Berg, in den Ruhestand getreten.

Eine Information für die Statistiker: ein Hafttag in der JVA Büren wird den Häftlingen mit 46,35 € in Rechnung gestellt.

Im November 2009 taucht in den Protokollen der erste Bericht über eine tschetschenische Familie, die Frank in Detmold betreut, auf. Die Situation ist dramatisch. Im Mai 2010 erfahren wir, dass ein Mitglied der Familie zum Schutz vor den Behörden ins Kirchenasyl genommen wird.

Im November müssen wir aus finanziellen Gründen leider den Beschluss fassen, nur noch alle 14 Tage Telefonkarten an die Häftlinge zu verteilen. Der Beschluss fällt uns nicht leicht, weil wir wissen, wie wichtig die Kontaktmöglichkeit nach außen für die Inhaftierten ist. Im November geben wir Frank auch „Grünes Licht“ für die Vorbereitung einer Klage beim Bundesgerichtshof zur Klärung des Status der Person des Vertrauens.

Im Dezember 2010 ereignet sich nach einem Beschwerdebrief von Häftlingen eine dubiose Häftlingsverlegung, teilweise in den Keller, teilweise in andere Justizvollzugsanstalten. Auch ein Gespräch, das Anne und Irene mit Herrn Strohmeyer darüber führen, bringt keine wirkliche Klarheit. Die Mauern sind manchmal wirklich undurchdringlich. Auch Kathi und Patrik versuchen durch Besuche der in andere JVAs verlegten Häftlinge Licht in die Angelegenheit zu bringen. Wir stoßen da an unsere Grenzen.

Dank an Imran und Irene, die uns durch ihre Gastfreundschaft mal wieder eine schöne Weihnachtsfeier ermöglichen.

Im Januar 2010 geht die neue Krankenabteilung in der JVA in Betrieb.

Im Februar 2010 haben wir unser Wochenendseminar in Germete bei Warburg. Bernhard hat die Unterkunft und Verpflegung perfekt mit der Hausleitung abgestimmt. Ein wichtiges Thema war neben Rechtsfragen der Umgang mit der psychischen Belastung, die aus der Betreuungsarbeit erwächst. Die Belastung wird unterschiedlich empfunden und demzufolge unterschiedlich verarbeitet. Es ist wichtig, darüber zu reden. Vielleicht können wir uns auch mal wieder supervisionieren lassen.

Im Februar stellt das Medienprojekt Wuppertal zwei Filme über Abschiebehaft fertig. Die Filmemacher bieten an, die Filmpremiere in Paderborn zu veranstalten. Anne koordiniert den Informationsfluss zwischen Filmemachern und Verein.

Im März 2010 hält Frank vor dem Bayerischen Landtag ein Referat über Abschiebehaft. Das ist, was Öffentlichkeit anbelangt, ein wirkliches Highlight.

Der langjährige Leiter der Besuchsabteilung in der JVA, Herr Nowak, geht in  Ruhestand.

Im April 2010 findet das Vernetzungstreffen der Abschiebehaftgruppen in Berlin statt. Ein Diskussionspunkt auf diesem Treffen ist die Einwerbung einer Koordinationsstelle für die Abschiebehaftgruppen, die teilweise aus Mitteln des Europäischen Rückkehrfonds finanziert werden soll. Es besteht im Verein Einigkeit, dass über diese Stelle Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben wollen, beraten und unterstützt werden sollen. Wenn das mit dem Europ. Rückkehrfonds nicht in Einklang zu bringen ist, soll auf dessen Kofinanzierung verzichtet werden.

Im April findet die Filmpremiere der Abschiebehaftfilme im Cineplex in Paderborn statt. Es kommen über 100 Besucher und Besucherinnen. Alle freuen sich über dieses große Interesse.

In Schloss Hamborn wird wieder ein Flohmarkt organisiert, dessen Erlös dem Verein zugute kommt. An dieser Stelle in ausdrücklicher Dank an die Initiatorinnen, die schon seit vielen Jahren auf diese Art den Verein unterstützen.

Soweit die Rückschau.

An dieser Stelle möchten wir ganz herzlich unsere neuen aktiven Betreuer und Betreuerinnen begrüßen: seit Oktober 2009 mit dabei sind Kathi und Patrick, seit November Li, seit Januar Rott und seit Februar Lara. Wir freuen uns außerordentlich, dass damit das Durchschnittsalter der Betreuergruppe stark gesenkt wird. Hier ein ausdrückliches Willkommen in unserem Kreis.

Es kommen immer wieder Gäste in unsere Vereinssitzungen, die sich für unsere Arbeit interessieren. Im Berichtszeitraum waren das: Sara, David, Ann-Kathrin, Birgit, Julian, Franziska, Mohamdou und Olaniyah.

Allen, die unsere Arbeit unterstützen, aus gesundheitlichen Gründen aber nicht regelmäßig an Sitzungen teilnehmen können, von hier aus ein herzlicher Gruß und unsere besten Wünsche.

Danke fürs Zuhören.