01.06.1993

Rassistische Rationalität

Betrifft: „Stöckerbusch wird Abschiebehaftanstalt“ in der NW vom 24. Juni.

Wir beziehen uns auf den NW-Text vom 24.Juni und teilweise auf Aussagen in der öffentlichen Ratssitzung in Büren.

Nachdem zwei Wirtschaftskonzerne ihr anfängliches Interesse zurückgezogen hatten, blieb der Stadt Büren das Angebot der Landesregierung, auf dem Gebiet der belgischen Militärkaserne, ein Sammellager oder einen Abschiebeknast einzurichten.

Die Entscheidung für den Knast war wie immer bestimmt durch verwertungstaktische Gesichtspunkte, die fernab von den Bedürfnissen der Menschen in den Tenor rassistischer Rationalität einstimmen. Das Zitat von Herrn Runge (Stadtdirektor): „Wir haben sicherlich den besseren Teil erwischt. Eine geschlossene Anstalt bringt mehr Sicherheit für die Bevölkerung als ein offenes Sammellager“, bringt die Grundeinstellung der einseitigen Auseinandersetzung auf den Punkt. Die Personen, die hoffen in Zukunft von Flüchtlingen „verschont“ zu werden, sie nicht länger „aufs Auge gedrückt zu bekommen“, können Herrn Rungers Aussage mit ihrer kapitalorientieren Argumentation untermauern. Sie unterstreichen, dass durch ein Knastbau Finanzmittel für die öffentliche Wirtschaft durch Bezuschussung herauszuschlagen sind, richten sich nach Kosten- und Standortvorteilen aus, bekräftigen, dass der Knast den deutschen Gefängnisnormen entsprechen wird und wissen, dass die Verwaltung von 450 Gefangenen Arbeitsplätze schafft. Es ist bezeichnend, dass der Gefängnisbau innerhalb von zehn Minuten abgehandelt und einstimmig beschlossen wurde.

Menschen, die von Not und Unterdrückung geflüchtet sind und sich nicht freiwillig abschieben lassen, werden Knastbedingungen ausgesetzt, die zum Beispiel in Gütersloh eine Frau dazu trieben, Selbstmord zu begehen. Die BRD produziert durch ihrer Außen- und Wirtschaftspolitik Fluchtgründe und beurteilt Flüchtlinge nach ihrer Effizienz.

Wir fordern: Keine Knäste und Lager in Büren und anderswo, Anerkennung frauenspezifischer Fluchtgründe, weg mit dem Asylverfahrensgesetz.