28.04.1994

Gefangene lehnen sich massiv gegen Haft auf

50 am Sonntag nach „Freistunde“ nicht wieder eingerückt/Algerier die größte Problemgruppe

Büren (fin). Etwa 50 Insassen der Abschiebehaftanstalt haben sich am vergangenen Sonntag massiv gegen die Haftbedingungen aufgelegt und weigerten sich nach dem einstündigen Freigang in die Unterkunft zurückzukehren. Vollzugsbeamte und private Wachmänner haben laut JVA-Leiter Peter Möller inzwischen teilweise „große Hemmungen und auch Angst“ vor den Bedrohungen durch Gefangene (die NW berichtete bereits gestern).

Am Sonntagmittag, so Möller auf Nachfrage gegenüber der Neuen Westfälischen, hätten sich etwa 80 Personen in zwei Höfen im Freien bewegt. Nur etwa 30 von ihnen wären nach einer Stunde freiwillig in ihre Sechser- oder Achter-Zimmer zurückgegangen. Die anderen wären von einzelnen „eingepeitscht“ worden und hätten sich bis gegen Abend nur durch Versprechungen wieder einschließen lassen. Zusammen mit einem Mitarbeiter der Zentralen Ausländerbehörde aus Bielefeld habe man zugesichert, sich verstärkt um die Anliegen der Inhaftierten zu kümmern.

Diese Versprechen einzulösen, betrachtet Möller aber als relativ schwierig. Weder die JVA und ihre Bediensteten noch die Mitarbeiter der zentralen Ausländerbehörden könnten im Prinzip die Probleme lösen: „Was mache ich, wenn sich eine Anzahl Gefangene bis aufs Blut dagegen wehrt, in ihr Heimatland abgeschoben zu werden? Auf der langen Verweildauer gründeten sich letztlich die extremen Schwierigkeiten.

Mehrere Male mussten bereits Abschiebehäftlinge ins Bürener Krankenhaus gebracht werden, weil sie sich selbst tiefere Wunden beigebracht hatten. Möller zufolge sind seine Mitarbeiter auch bereits mit Messern und „Klingen“ aus Wegwerf-Rasierern bedroht worden. Bislang betreut nur an einem Tag in der Woche ein Psychologe die Bediensteten, und die JVA stellt inzwischen den Antrag auf eine volle Stelle.

Die größte Problemgruppe stellen nach Mitteilung Möllers zurzeit etwa 100 Algerier dar, die auch von keinem speziellen Freundeskreis Hilfe erwarten. - Heute und morgen verhandeln die Verantwortlichen in der Haftanstalt auch mit Vertretern des Innenministeriums über mögliche Antworten auf die Forderungen der Gefangenen.