05.10.2001

Bleiberecht kaum noch möglich

Friedliche Demonstration gegen Asyl- Gesetzgebung/zurückhaltende Polizei

Von Karl Finke

Büren. Scheinbar wie fremde Wesen zogen am Tag der Deutschen Einheit über 1000 Demonstranten friedlich durch Büren, um mit Spruchbändern sowie Sprechgesängen und deutlicher Staatskritik über Mikrofon für eine Abschaffung von Abschiebehaft zu demonstrieren. Einheimische begutachten den Demonstrationsmarsch überwiegend als distanzierte Beobachter. Ein starkes Polizeiaufgebot eskortiert den Zug, ohne eingreifen zu müssen.

Beamte kontrollierten bereits an den Zufahrten aus Büren und hinter dem Bad Würtenberger Autobahnkreuz die Zufahrt zum Haarener Wald. Aus mehreren deutschen Großstädten reißen antifaschistische und Flüchtlingsunterstützer-Gruppen zur Abschiebehaftanstalt „Stöckerbusch“. Den 800 Meter langen Fußweg von der Landstraße zum JVA-Tor führte zum ersten Mal als Veranstalterin Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion an, die nach eigenen Worten zwischen Berlin und ihrem Wahlkreis Dortmund „pendelt“. 50 Meter vor der Haftanstalt riegelten Gitter die JVA gegen den Demonstrationszug ab. Polizeikräfte auch im Wald und in Hunde-Begleitung hielten sich bereit.

Vor der JVA übermitteln Sprecher des bundesweiten Netzwerks „Kein Mensch ist illegal“ und weiterer Flüchtlingsorganisation den Inhaftierten in mehreren Sprachen ihre Solidarität. „Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord“, rief ein Teil der rund 1000 Demonstranten in Richtung der Gefängnismauern und reimte: „Mit viel Power durch die Mauer - bis sie bricht.“ Trillerpfeifen unterstützen lautstark den Protest. In Form einer „Schweigeminute“ horchte die Gruppe auf Reaktionen der Häftlinge - vereinzelt wurden sie laut.

Vom alten Bürener Bahnhof aus zogen später noch einige Demonstranten mehr in einem 200 m langen Zug durch die Innenstadt. Im Unterschied  zur Demonstration im Mai vergangenen Jahres, als die Einsatzleitung der Polizei in Bielefeld lag, begleitete unter anderem eine Münsteraner Hundertschaft unter Paderborner Regie diesen achten Protestzug nicht „Man-an-Mann“ und ohne eine kesselartige Situation entstehen zu lassen. Bei der Abschluss-Kundgebung auf dem Marktplatz stellten Redner heraus, dass es heute für Flüchtlinge kaum noch möglich sei, ein Bleiberecht zu bekommen. Verglichen wurden die Betroffenheit vieler Deutscher über die Terroranschläge in den USA mit einer großen Gleichgültigkeit gegenüber täglichen Leiden und Toten, auch in großer Zahl, überall auf der Welt. Demonstranten standen da schon in Schlangen vor den wenigen Imbiss-Angeboten der Burgstraße.

Deutliche Forderungen: Auf großflächigen Spruchbändern zeigten die Demonstranten, dass sie die Abschiebepraxis in Deutschland ablehnen.

Verantwortlich: Die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke meldete die Demonstration an, Frank Gockel stand ihr vor Ort zur Seite.
Abschiebehaftanstalt abgeschirmt: Rund 1000 Demonstranten wurden 50 m vor der JVA Büren abgeschirmt und trugen hinter den Abschirmgittern über Mikrofon um mit lautstarken Rufen sowie Trillerpfeifen ihre Botschaften zu den Inhaftierten. Foto: Peters