07.04.1995

Für einen Rechtsstaat noch angemessen und würdig?

Caritas kritisiert Abschiebehaft

Büren/Paderborn. Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V. betrachtet mit großer Sorge die gegenwärtige Abschiebehaftpraxis für abgelehnte Asylbewerber. In einer Stellungnahme betont die Caritas, dass Abschiebung wie in der Justizvollzugsanstalt Büren nicht zur Sanktionierung einer Straftat dient, sondern zur Vorbereitung und Sicherung der Abschiebung als einer administrativen Maßnahme angeordnet wurde.

„Unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass Abschiebehaft im Regelfall Freizeitentzug ohne Straftatbestand ist, fragen wir kritisch an, ob dies einen Rechtsstaat noch angemessen und würdig ist. Die Wahrung des Grundsatzes der Verständnismäßigkeit durch einen derart einschneidenden Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen scheint uns keinesfalls gegeben“, heißt es in der Stellungnahme wörtlich.

Die Caritas stellt im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis und die Haftbedingungen zum Teil erhebliche Defizite fest: die Anordnung von Abschiebehaft zum Zweck der Abschreckung; eine zu schnelle und zu häufige Inhaftierung; mangelnde medizinische und vor allem psychologische Versorgung; Defizite bei besonderen Sicherungsmaßnahmen in möglichen Konfliktsituationen.

Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn fordert daher den Gesetzgeber auf, seine durch die Einrichtung von Abschiebegefängnisse übernommene Verantwortung für die Inhaftierung wahrzunehmen und die Rahmenbedingungen sorgfältig zu überprüfen und zu verbessern. Dazu gehöre auch die Gewährleistung des freien Zugangs von ehren- und hauptamtlichen qualifizierten Interessenvertretern von Flüchtlingen, um die Situation der Abschiebehäftlinge zu verbessern und gegebenenfalls die Einhaltung menschenrechtskonformer Bedingungen zu überprüfen.

Der Stellungnahme der Caritas haben sich die Vinzenz-Konferenzen im Erzbistum Paderborn, ein Verband ehrenamtlicher Mitarbeiter in den Gemeinden, angeschlossen.