25.03.2022

Kölner Koch aus Abschiebehaft befreit

Habib Khan, der Küchenchef des Kölner Lokals Bagatelle, ist aus der Abschiebehaftanstalt Büren entlassen worden. Freunde und Kollegen hatten sich für ihn eingesetzt.

Von Judith Levold

Großes Aufatmen bei den Unterstützenden, allen voran der Belegschaft der Bagatelle um Gastronom Daniel Rabe: Am Donnerstagnachmittag hatte das Team des Lokals bei Facebook einen verzweifelten Hilferuf gepostet, darin hieß es unter anderem:

"Unser Koch Habib ist heute Morgen im Ausländeramt Siegburg festgenommen worden und wird jetzt abgeschoben [...] Seit zehn Jahren ist er in Deutschland, spricht unser aller Sprache sehr gut, hat sich bombastisch integriert, eine Beziehung geführt. Bis ihm die Arbeitserlaubnis entzogen wurde, hat er Vollzeit bei uns gearbeitet, er hat sich von der Küchenhilfe zum Chefkoch hochgearbeitet. Er war ein Vorbild für alle anderen Mitarbeiter [...] In seiner Freizeit war er aktiv im Karnevalsverein KG Ponyhof e.V., war ehrenamtlich tätig in der Lutherkirche Südstadt und war als Sprachvermittler der Caritas aktiv."? Bagatelle Südstadt auf Facebook

Daniel Rabe findet es "himmelschreiend ungerecht, wenn ein so dermaßen voll integrierter Mensch, der sofort eine Arbeitsstelle vorweisen kann und sich selbst unterhält", abgeschoben werden sollte.

Habib Khan: Bagatelle-Koch bei Meldetermin festgenommen

Der 30-jährige Habib Khan kommt aus Bangladesch und gehört dort zur diskriminierten Minderheit der häufig staatenlosen Bihari. Seit 2012 ist Habib in Deutschland, gemeldet in Alfter im Rhein-Sieg-Kreis.

2014 wurde sein Ayslantrag abgelehnt. Eine Klage dagegen blieb erfolglos, wegen fehlender Ausweispapiere wurde er aber nicht abgeschoben, sondern geduldet. Obwohl er seit November 2015 "vollziehbar ausreisepflichtig" gewesen sei, wie die Ausländerbehörde mitteilt.

Am Donnerstag, bei einem turnusmäßigen Termin, zu dem er sich als geduldete Person melden musste, wurde er in der Ausländerbehörde des Rhein-Sieg-Kreises festgenommen und anschließend in die Abschiebehaftanstalt Büren gebracht.

Die Ausländerbehörde begründete das so: "Aufgrund fehlender Identitätsdokumente wurde er bis heute im Bundesgebiet geduldet. Seinen Mitwirkungspflichten zur Identitätsklärung ist er seit Jahren nicht nachgekommen."

Es sei aber nicht davon auszugehen, dass er eigenständig ausreise, so die Pressestelle der Behörde weiter, deshalb der "Antrag auf Anordnung von Abschiebehaft".

Schwierige Situation mit Behörden

"Ich kann das ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen", sagt Susanne Rabe-Rahman von der Caritas Köln, die Habib Khan seit 2014 im Rahmen der Perspektivberatung für Flüchtlinge immer wieder zu Gesprächen trifft.

"Er hat sich wirklich um die Papiere bemüht. Das ist echt schwierig mit den Behörden in Bangladesch, die zudem auch in der Phase der Corona-Pandemie schlicht unerreichbar waren." Nach ihrer Meinung erfülle Habib Khan alle Integrationsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis, wie im jüngsten Erlass des zuständigen NRW-Ministeriums zum §25 Aufenthalts-Gesetz vorgesehen.

Unterstützende machen Dampf für Habib Khan

 

Habib Khan (ganz links) mit dem Bagatelle-Küchenteam.

Der Protest der Bagatelle-Crew, die noch am Donnerstagabend eine Petition mit mehr als 25.000 Unterschriften auf den Weg gebracht hatte, aber auch die vielen Presse- und Privatanfragen bei Kreis und Ministerium des Landes NRW scheinen Wirkung gehabt zu haben: Am frühen Freitagnachmittag konnte Habib Khan die Abschiebehaftanstalt verlassen und durfte wieder nach Hause fahren.

Sogar ein Zugticket habe man ihm versprochen, wie Daniel Rabe berichtet, der noch am Vormittag persönlich nach Büren aufgebrochen war.

Die Ausländerbehörde des Rhein-Sieg-Kreises teilt dazu am Nachmittag mit: "Nach nochmaliger, intensiver Prüfung des Sachverhaltes wird Habib Khan aus der Abschiebehaft entlassen und erhält eine Aufenthaltserlaubnis zur Probe gemäß § 25 b Aufenthaltsgesetz NRW." Und weiter: "Habib K. darf während der nächsten sechs Monate einer Beschäftigung nachgehen, wenn er einen Arbeitsvertrag vorlegt.

Habib Khan ab Samstag wieder Küchenchef in der Bagatelle

Der Arbeitsvertrag sei quasi schon ausgestellt, so Daniel Rabe. Habib Khan könne "morgen als Küchenchef in der Bagatelle Sülz anfangen". Und gerne käme er selbst, auch aus Sicht von Gastronomen, zu diesem und vergleichbaren Vorgängen mal mit "dem Land" ins Gespräch.

Aus dem NRW-Integrationsministerium kommt die Auskunft, man habe den Fall kurzfristig erneut prüfen lassen und im Rahmen eines kollegialen Gesprächs mit der zuständigen Ausländerbehörde sei die beschriebene Lösung gefunden worden. Der Minister selbst lässt dazu mitteilen:

"Mir ist es wichtig, dass gut integrierte Geduldete eine dauerhafte Perspektive bekommen und gleichzeitig Straftäter und Gefährder konsequent abgeschoben werden. Die Rechtslage ist für die Ausländerbehörden derzeit noch sehr kompliziert. Ich bin mit der Bundesinnenministerin im Gespräch, dass wir hier zügig zu rechtssicheren Lösungen kommen." Joachim Stamp, Integrationsminister

Bagatelle-Koch nicht abgeschoben: Darauf 15 Kölsch

Allen Kolleginnen und Kollegen, Freund:innen und Unterstützenden fällt ein Stein vom Herzen - in der Bagatelle zumindest wolle man, so ein erneuter Facebook-Post der Belegschaft, "am Abend 15 Kölsch mit ihm trinken". Und sich am Montag dann bei allen bedanken, die an diesem Verlauf und der Chance, im nächsten halben Jahr die behördlichen Fragen nachhaltig zu klären, mitgewirkt haben.

Habib Khan (ganz links) mit dem Bagatelle-Küchenteam.