24.08.2019

Neues Gesetz ermöglicht schnellere Inhaftierung

Migration: Das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ ist in Kraft getreten. Bundesinnenminister Horst Seehofer will damit Recht durchsetzen.                                                                                                 Kritiker fürchten nun mehr Gefangennahmen. Die Ausländerbehörden in OWL begrüßen die neue Regelung

Von Jemima Wittig

Berlin/Büren. Ausreisepflichtige Ausländer können ab sofort einfacher abgeschoben werden. Hintergrund ist das am Mittwoch in Kraft getretenen Geordnete-Rückkehr-Gesetz. Kritiker befürchten, dass die betroffenen Personen schneller inhaftiert werden, da es neue Gründe für eine Inhaftierung gibt. Die Ausländerbehörden können, zum Beispiel damit sich die Ausreisepflichtigen ihrer Abschiebung nicht entziehen können, nun einfacher eine solche erwirken. Zudem können Flüchtlinge für bis zu 14 Tage in einer sogenannten Mitwirkungshaft untergebracht werden, um sie Botschaften oder Ärzten vortzuführen.

„Die Zahl der Inhaftierungen wird vermutlich geringfügig ansteigen“, heißt es von der Stadt Bielefeld. Dabei müsse jedoch stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. „Haft kommt nur als letztes Mittel in Betracht.“ 2018 gab es in Bielefeld sieben Fälle von Abschiebehaft und Ausreisegenewahrsam. In diesem Jahr sind es bislang zehn Fälle.

Ob es mehr Inhaftierung gibt, hängt letztlich von den Richtern ab, so Mirjana Lenz, Sprecherin des Kreises Minden-Lübbecke. Die Ausländerbehörden beantragen bei den Amtsgerichten die Sicherungshaft, „wenn sich der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer durch Flucht oder in  sonstiger Weise der Abschiebung entziehen will“, führt sie weiter aus. 2019 hat die Ausländerbehörde des Kreises Minden-Lübbecke bislang drei Anträge auf Sicherungshaft gestellt. Zweien wurde stattgegeben; ein Antrag wurde abgelehnt.

Die Auswirkungen des neuen Gesetzes seien derzeit noch nicht absehbar, heißt es aus dem Kreis Gütersloh. Generell befürworte die Behörde die neue Regelung aber. „Im Zuge des Gesetzes wird die Antragstellung für die Sicherungshaft vereinfacht, ohne dass der Kern der materiellen Haffvoraussetzungen angetastet wird“, so Sprecherin Lydia Penner vom Kreis Lippe. „Auch wenn die Haftantragstellung formal erleichtert wird, bleibt also abzuwarten, ob das auch zu einer erhöhten Fallzahl der Sicherungshaft führt.“

Werden Ausreisepflichtige aus Nordrhein-Westfalen inhaftiert, kommen sie in die Abschiebehaftanstalt Büren. Mit derzeit 114 Personen ist es die größte Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige in Deutschland. Schon im vergangenen Jahr gab es dort Pläne, die Plätze auszubauen. Aktuell wird aber noch renoviert. Ende des Jahres soll es nach Angaben der Bezirksregierung Detmold Plätze für 175 Personen geben. „Räumlich würden wir mehr schaffen“, erklärt Sprecher Andreas Moseke. „Wir brauchen aber auch das Personal, um die Menschen zu betreuen.“

Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ rechnet mit mehr Inhaftierungen. Das Gesetz erweitere die Haftgründe so umfangreich, dass praktisch jeder Geflüchtete inhaftiert werden könne, kritisiert Vereinssprecher Frank Gockel. „Selbst wenn die Menschen freiwillig ausreisen wollen, dauert es aber oft mehrere Monate, bis sie die notwendigen Papiere haben.“ Denn eine Voraussetzung für die Inhaftierung ist nun, dass das festgelegte Ausreisedatum um 30 Tage überschritten wurde.

Die Hilfsorganisation Pro Asyl befürchtet zudem, dass das Gesetz zu mehr „überfallartigen Abschiebungen ohne sorgfältige Prüfung des Einzelfalls“ führen werde. Sie fordern, das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Allein in NRW sind im vergangenen Jahr 6.603 Personen abgeschoben worden – fünf Prozent mehr als 2017. Das geht aus einem Bericht von NRW Flüchtlingsminister Joachim Stamm (FDP) hervor.

Demonstration

Am Samstag, 31. August, findet in Büren und Paderborn eine Demonstration gegen Abschiebehaft statt.

Um elf Uhr startet die Veranstaltung mit einer Kundgebung vor der Abschiebehaftanstalt in Büren.

Am Paderborner Hauptbahnhof beginnt die Demonstration um 15 Uhr.

 

 

Neues Personal gesucht: Ende des Jahres soll in der Abschiebehaft- anstalt Büren Platz für 175 Personen sein. Foto: Gärtner