04.03.2019

Zu wenig Beamte für Abschiebungen

Bundespolizei kann Zahlen nicht steigern- und sieht die Verantwortung in der Politik                                                                                                                                                                                                Von Steven Geyer

Über die Flüchtlingspolitik ist in den vergangenen Jahren viel debattiert worden, doch in einem Punkt waren sich die meisten Politiker, jedenfalls in der Regierung, einig: Deutschland kommt nicht voran damit, abgelehnte Asylbewerber und straffällige Ausländer abzuschieben. Zwar hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine „nationale Kraftanstrengung“ versprochen, um die Zahl der Abschiebungen zu steigern. Doch erst vor Tagen musste die Bundesregierung einräumt, dass die Zahl gescheiterter Abschiebung seit 2015 deutlich gestiegen ist. Von geplanten 188000 kam etwa die Hälfte nicht zustande, teilte das Innenministerium auf Anfrage der FDP mit. Nun werden auch noch interne Berechnungen der Bundespolizei bekannt, die für die Abschiebung zuständig ist. Sie zeigen: Eine spürbare Steigerung der Zahlen würden die Beamten gar nicht schaffen. Zumindest unter den bisherigen Arbeitsbedingungen halten die Verantwortlichen eine Erhöhung für „ausgeschlossen“, meldet „Der Spiegel“.

„An der Motivationsgrenze“

Es falle immer schwerer, genügend Polizisten für Abschiebeflüchtlinge zu finden, heißt es in einem vertraulichen Papier aus dem vorigen Jahr, dass das Nachrichtenmagazin an diesem Wochenende zitiert. Seit das Schreiben verfasst, wurde, habe sich die Lage nicht verbessert. Der interne Bericht trägt den Titel „Rückführung 2020“ und betont, „dass mit diesen Strukturen eine deutliche Erhöhung der aktuellen Rückführungszahl nicht möglich sein wird“. Selbst die aktuellen Zahlen seien nur bei fortgesetzt hoher Motivation aller Beteiligten zu schaffen. Diese lasse jedoch nach, so die Behörde: Zunehmend sei es zu sehen, dass die verfügbaren Kräfte „an ihre Belastung- und Motivationsgrenzen kommen“ und ein „hoher Aufwand zu betreiben ist“, um Freiwillige mit der nötigen Ausbildung für die Einsätze zu finden.

Keine Zulagen gezahlt

Als Grund für die „Einsatzmüdigkeit“ führt die Bundespolizei an, „dass die Rahmenbedingungen nicht gerade zur Attraktivität dieser Tätigkeit beitragen“: Noch nicht einmal eine versprochene Zulage von 50 bis 100 Euro pro Abschiebung (je nach Dauer) gebe es. Der entsprechende Gesetzentwurf hänge noch immer in der Abstimmung zwischen den Ministerien. So komme es immer wieder vor, dass für angesetzte Abschiebung nicht genug Flugbegleiter mit der nötigen Ausbildung bereitstünden. Erst am Mittwoch wurden bei einer Abschiebung nach Ghana nicht alle vorgesehenen Ausländer ausgeflogen, weil sich bis kurz vor den Flügen die benötigte Anzahl von Polizisten nicht gemeldet hatte. Insgesamt stieg die Zahl abgeblasener Abschiebungen laut Bundesministerium von 19258 im Jahr 2015 auf 30902 im vorigen Jahr. 2018 hatte damit laut Ministerium von Horst Seehofer (CSU) „erstmals die Summe der gescheiterten Rückführungsversuche die Summe der erforderlich durchgeführten überschritten“. Die Mehrheit davon wurde bereits „vor der Übergabe an die Bundespolizei“ abgesagt, etwa wegen juristischen Widerspruchs. Seehofer arbeitet derzeit an einem Gesetz, das Abschiebung erleichtern soll und etwa Vorbereitungshaft vor Abschiebungen vorsieht. Im April will er es in im Kabinett vorlegen.

 

 

Auf dem Weg zum Abschiebeflug: Für Einsätze wie diesen melden sich immer weniger Polizisten freiwillig. Boris Roessler/DPA