03.11.2018

Einzelhaft und Kameras auf den Toiletten

Folter-Beobachter prangen Defizite an

Büren. Die „nationale Stelle zur Verhütung von Folter“ prangert nach einem Besuch in der Abschiebehaft Büren Defizite an. Gegen die Vorhaltungen setzen sich die Bezirksregierung und das Ministerium zur Wehr.

Das Gremium hatte im Januar unangemeldet für zwei Tage die Abschiebeeinrichtung aufgesucht. Die Abgesandten sprachen mit Mitarbeitern und Insassen sowie mit einem Arzt und einem Seelsorger. „Die Anzahl an besonderen Sicherungsmaßnahmen ist im Vergleich zu anderen Abschiebungshafteinrichtungen auffällig hoch“, heißt es im jetzt vorgelegten Bericht. Unter den ausschließlich männlichen Insassen seien zunehmend Straftäter und Gefährder. Aber nicht immer lägen umfassende Informationen über den Hintergrund der untergebrachten Personen vor. Wie man aufgrund dieses Informationsmangels zur Einschätzung der Gefährlichkeit kommen könnte, „ist nicht nachvollziehbar“. Es bestehe die Gefahr, dass ohne tatsächliche Anhaltspunkte in Grundrechte eingegriffen wird. „Für die Einzelhaft in der Abschiebungshaft gibt es keine gesetzliche Grundlage“, lautet ein Kritikpunkt.

Das NRW Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration verweist indes auf eine juristische Expertise: Die Einrichtung eines besonderen Gewahrsamtrakts sei ausreichend gesetzlich legitimiert. Auf Wunsch hätten die Betroffenen Kontakt zu Mitinhaftierten. Die Unterbringung zum Beispiel von Gefährdern in einer gesonderten Abteilung sei gerichtlich für zulässig erklärt worden.

Weitere Kritik der Delegation: Die Einrichtung verfüge nicht über einen Psychologen, zudem würden besonders gesicherte Hafträume vollständig Video überwacht. Man wolle die technischen Voraussetzungen schaffen, dass zumindest der Toilettenbereich nicht abgefilmt werde, erklärt dazu das Ministerium. Noch im November werde ein Psychologe die Arbeit in der Einrichtung aufnehmen. Die Delegation verteilt aber auch Lob, etwa zum großzügigen Außenbereich und den Zugang zu Internet und Handy.

Die Bezirksregierung verweist darauf, dass sich die Situation in der Einrichtung seit 2017 deutlich gewandelt habe: Demnach hätten die meisten Untergebrachten eine strafrechtliche Vorgeschichte, teilweise mit Gewalt-, Tötungs- und vor allem Drogendelikten. Für die Bezirksregierung sei die Kritik der nationalen Stellen „nicht nachvollziehbar“.

„Dass die Nationalstelle gravierende Missstände in der Abschiebehaft festgestellt hat, verwundert uns nicht“, sagt dazu Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren. „Gerade die Unterbringung in Isolierhaft wurde von uns immer wieder verurteilt.“ Der Bürener Verein begrüßt, dass die Nationalstelle eine gute Zusammenarbeit zwischen ihm und der Einrichtung wünscht. Insgesamt sei der Bericht „ein niederschmetterndes Urteil“, so Gockel.

 

Nach einem nicht angekündigten Besuch der nationalen Stelle zur Verhütung von Folter in der Abschiebehaft Büren prangert die Organisation Missstände an. Archivfoto: Koppelmann