24.10.2015

„Makabrer Standort“

Abschiebegegner kritisieren ZVEI in Nachbarschaft von UfA

Büren. Der geplante Bau einer zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für bis zu 1000 Flüchtlinge direkt neben der einstigen Abschiebehaft in Büren bewegt seit der Bekanntgabe am Dienstagabend die Gemüter. Die Bezirksregierung Detmold begründet die Standortentscheidung mit „schnellstmöglicher Verfügbarkeit“. Frank Gockel vom Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ hält die unmittelbare Nachbarschaft zu Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige (UfA) aber vor allem für eins: „makaber“.

Voraussichtlich im Dezember könne die Einrichtung die ersten Flüchtlinge aufnehmen, berichtet Anja Hegener, Sprecherin der Bezirksregierung, auf Nachfrage. Für den Standort am Stöckerbusch habe neben der kurzfristigen Verfügbarkeit auch die Infrastruktur gesprochen: Straßen und Kanäle seien bereits vorhanden.

ZUE und UfA agierten unabhängig voneinander, betonte Hegener. „Eine inhaltliche Zusammenarbeit ist nicht geplant“, erklärt sie in einer schriftlichen Stellungnahme. Allerdings solle ein Teil der Liegenschaft - räumlich getrennt vom Abschiebegewahrsam - mitgenutzt werden. Dabei handele es sich vor allem um eine ehemalige Werkhalle.

Wie unsere Zeitung erfuhr, sollen die Flüchtlinge dort zum Beispiel verpflegt werden. Betreiber von ZUE und UfA setzen sich auf andere Synergieeffekte - etwa, was die Verwaltung betrifft. Schließlich verfügt die ehemalige JVA auch über eine voll eingerichtete Krankenstation und Röntgeneräte.

 

Frank Gockel hält den gewählten Standort dennoch für falsch. Fünf mögliche Flächen für den nächsten Bau einer ZUE habe es in Ostwestfalen gegeben - und die sechste ist es nun geworden. Ungeeignet sei der Stöckerbusch nicht nur wegen seiner geschichtlichen Belastung durch die seit      20 Jahren dort arbeitende Abschiebehaft. Vor allem die Lage bezeichnet er als ungünstig: Acht Kilometer sind es bis nach Büren oder nach Haaren. Eine Strecke, die über die Landstraße 754 mitten durch den Wald führt und keinen Randstreifen hat. Vor seinem geistigen Auge sieht Gockel Gruppen von Flüchtlingen, die sich an rasenden Pkw vorbei drängen. Auch der bereits vorgebrachte Vorschlag, Wanderwege zu ertüchtigen, gehe fehl, weil bei Dunkelheit und Schnee die Benutzung der asphaltierten Straße geradezu zwingend notwendig machten.

Eine Beratungsstruktur wird sein Verein in der ZUE nicht leisten können. „Wir sind auf das Ende der Kette spezialisiert, nicht auf den Anfang.“ Und hier stellt er bei den Haftbeschlüssen der abzuschiebenden Menschen fest, dass über 80 Prozent unrechtmäßig sein. „Bei Strafverfahren wäre dies ein Riesenskandal. Bei Flüchtlingen geht man davon aus, dass diese sich nicht wehren“, sagt er. Er ist in Sorge, dass in Büren ähnlich wie bereits in Hövelhof-Staumühle besonders Flüchtlinge vom Balkan untergebracht und deren Anträge im Schnellverfahren durchgeboxt werden.

Nicht zum ersten Mal verdeutlicht der gebürtige Rüthener, dass Menschen in Abschiebehaft keine Straftäter sind - für sein Engagement erhielt der Verein 2006 sogar den Aachener Friedenspreis. Nachdem in der früheren Justizvollzugsanstalt verschlossene Türen und vergitterte Fenster verschwinden müssen, fordert Gockel auch den Abriss der Gefängnismauern, die das Areal umgeht. Ein richterliches Gutachten gebe ihm bei seiner Forderung recht: Der Knast-Charakter wiege deutlich mehr als der Umstand, dass sich der eine oder andere Flüchtling seine Abschiebung entzieht. Immerhin soll die Mauer nun an einer Stelle durchbrochen werden, um eine Verbindung zur ZUE zu schaffen.

Gockel stellt klar, dass der größte Teil der Geflüchteten auf direktem Weg und nicht über den Stöckerbusch abgeschoben wird. 50 Personen werden dort zu Abschiebung festgehalten, bundesweit seien es aber derzeit nur 96: „NRW ist das Land der Abschiebehaft.“

Bleibt die Frage, ob Büren nach Einrichtung der ZUE auch weitere kommunale Flüchtlinge zugewiesen bekommt. Die Antwort der Bezirksregierung dazu bleibt vage: „Ab Inbetriebnahme der Landeseinrichtung wird die Anzahl der dort Untergebrachten auf die Schlüsselzuweisung für die Stadt Büren angerechnet“, erklärt Anja Hegener.                                                                                         fred/diet

 

Deutsches Polizeimuseum

Anja Hegener von der Bezirksregierung Detmold bedauert, dass die Betreiber des Deutschen Polizeimuseums erst in der Zeitung davon erfahren haben, dass ihr Fundusgebäude der ZUE weichen soll (wir berichteten). „Im Vorfeld der Veröffentlichung des Standorts hat es eine klare Absprache unsererseits gegeben: Da die für den Abriss geplanten Gebäude im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben stehen, sollte diese schnellstmöglich Gespräche mit den dortigen Mietern führen. Dies ist wohl versehentlich unterblieben“, so Hegener. „Wir haben sofort das Gespräch mit dem Verein selbst sucht. Für die Probleme werden zeitnah Lösungen gefunden.“

Hier lagerten einst Atomwaffen: Die alten Liegenschaften der US-Armee werden abgerissen und auf ihn Fundamente errichtet das Land NRW eine zentrale Übergangseinrichtung bis zu 1000 Flüchtlinge in Leichtbauweise. Foto: Koppelmann
Frank Gockel