23.10.2015

Frank Gockel: Zahlen werden falsch interpretiert

Asylpolitik: Der Sprecher der Flüchtlingshilfe Lippe war bei der Afd-Veranstaltung zugegen. Seiner Auffassung nach enden mehr Asylverfahren positiv, als in der Versammlung behauptet

Detmold (te). Richtige Zahlen, aber falsche Zusammenhänge: Das wirft Frank Gockel, Sprecher der Flüchtlingshilfe Lippe, dem Afd-Politiker Prof. Dr. Friedhelm Tropberger vor. Gockel verfolgte die Veranstaltung der Afd am Mittwoch in Heidenoldendorf. Tropberger interpretiere die Zahlen bewusst falsch, um Stimmung zu erzeugen, urteilt Gockel. So könne man nicht ohne weiteres davon sprechen, dass nur ein Drittel der Asylverfahren positiv endeten. Die von Gerichten positiv beurteilten Verfahren würden nirgendwo erfasst. Es werde auch nicht „exzessiv“ von der Duldung Gebrauch gemacht, schilderte Gockel seine Eindrücke im Gespräch mit der LZ. Die Duldung habe in erster Linie den Zweck, auf eine Abschiebung vorzubereiten. In der Zeit müsse die Ausländerbehörde die notwendigen Papiere bereitstellen. Ein Bleiberecht sei die Duldung nicht. Es könnten aber auch humanitäre oder rechtliche Gründe zu einer Duldung führen. „Sie wird in OWL nur erteilt, wenn die Betroffenen akzeptiert haben, später freiwillig auszureisen“, erläutert Gockel weiter.

Auch Abschiebungen würden regelmäßig vollzogen. Momentan allerdings seien die Behörden durch den Zustrom von Menschen überlastet, deshalb gebe es in diesem Bereich Überhänge. Für Flüchtlinge aus dem Westbalkan indes gelte das nicht. Hier werde schnell abgeschoben. Es wundere ihn sehr, dass die Afd hier den Behörden Rechtsbruch vorwerfe.

Verschärfte Grenzkontrollen wiederum brechen das geltende Recht, in diesem Fall das Schlengen-Abkommen. EU-Recht brechen zu wollen, sich aber gleichzeitig beim Dublin-III-Abkommen auf EU-Recht zu berufen, sei wedersinnig.

Eine Exterritorialisierung der Asylverfahren bürdet nach Gockels Ansicht armen Ländern eine Verantwortung auf, die sie nicht tragen können. Außerdem müssten die deutschen Grenzen dann komplett geschlossen werden. Das könne niemand wollen. Gockel gibt Tropberger aber in einem Punkt Recht: Die EU versage in der Flüchtlingsfrage. Die Flüchtlinge müssten fairer über ganz Europa verteilt werden. Insgesamt gesehen seien diese Reden aber die „geistige Lunte“ für Brandsätze.

Zum Vorwurf, die Behörden missachteten geltendes Recht bei der Abschiebepraxis, wollte sich der Kreis Lippe als größte lippische Ausländerbehörde nicht äußern. Das sei eine politische Bewertung der Afd. Das Thema Abschiebung sei aber sehr komplex. Viele Kriterien müssten dafür übereinstimmen. Sprecher Justin Blum: „Ist dies der Fall, werden Abschiebungen selbstverständlich vollzogen.“

Berät Asylbewerber: Frank Gockel. Foto: Preuß