22.11.2014

Fürs Nichtstun bezahlt

Büren (WB). Obwohl die Justizvollzugsanstalt (JVA) in Büren (Kreis Paderborn) seit Juli nicht mehr für Abschiebehäftlinge genutzt wird, verursacht sie weiter Kosten - in sechsstelliger Höhe. Das geht aus einer Übersicht des NRW Innenministeriums hervor. Die JVA und die Bezirksregierung Detmold hatten langfristige Verträge mit Firmen geschlossen, die Abschiebehäftling betreuen betreuten. Inzwischen wurden Aufhebungsverträge geschlossen.

NRW bezahlt Mitarbeiter, die nicht zu tun haben

Verträge mit privaten Dienstleistern ohne Kündigungsklausel geschlossen

Von Christian Althoff

Büren (WB). Die Bezirksregierung Detmold und die JVA Büren haben langfristige Verträge mit Firmen geschlossen, ohne eine Klausel für eine vorzeitige Kündigung vorzusehen. Deshalb muss das Land jetzt eine Million Euro zahlen -ohne jede Gegenleistung.

Es geht um das Gefängnis in Büren. Hier waren bis Juli nicht nur Strafgefangene untergebracht, sondern auch abgelehnte Asylbewerber, die in die Zuständigkeit des NRW Innenministeriums fallen. Um die Asylbewerber, die abgeschoben werden sollten, im Gefängnis zu betreuen, wurden drei Verträge geschlossen: Das Gefängnis engagierte die Essener Firma Kötter für die Bewachung und die Krankenpflege, und die Bezirksregierung Detmold schloss Verträge mit der Essener „European Homecare“ GmbH für die soziale Betreuung und die Flüchtlingsberatung sowie mit der evangelischen Frauenhilfe in Soest, die sich mit ihrer Beratungsstelle „Nadescha“ um Opfer von Frauenhandel und Zwangsprostitution kümmern sollte. Alle Verträge hatten eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2015. Seit Ende Juli gibt es allerdings in Büren keine Abschiebehäftling mehr. Der europäische Gerichtshof hat damals entschieden, es sei unzulässig, abgelehnte Asylbewerber, die ja keine Straftäter sein, wie Schwerverbrecher einzusperren. Es müssen andere Unterkünfte gesucht werden. Das wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt. NRW verlegt die Männer und Frauen aus Büren daraufhin nach Berlin. Seitdem sind im Bürener Gefängnis mit seinen 530 Haftplätzen nur noch 162 Verbrecher eingesperrt. Die Mitarbeiter von Kötter, „European Homecare“ und „Nadescha“ sind seitdem nicht wieder dort gewesen aber sie bekommen weiter Geld. Nach einer Aufstellung des NRW Innenministeriums erhält Köttter pro Monat 220.000 Euro für Bewachung und 22.235 Euro für Krankenpflege. Die“ European Homecare“ GmbH bekommt 18748 Euro im Monat, „Nadescha“ 2083 Euro. Damit werden allein bis zum Ende dieses Jahres weit mehr als eine Million Euro fällig - für nichts. Die Bezirksregierung Detmold hat den Schaden inzwischen begrenzt. Wie ein Sprecher am Freitag sagte, hätten „Nadescha“ und“ European Homecare“ Auflösungsverträge zum 31. Dezember 2014 akzeptiert. Details wurden nicht bekannt. Das Unternehmen Kötter, das seit den neunziger Jahren in Büren arbeitet, hat zumindest zugesagt, für seine 60 Mitarbeiter andere Arbeitsstellen in Ostwestfalen Lippe zu suchen und die monatliche Rechnung ans Land entsprechend zu kürzen. So sollen etliche Mitarbeiter einen neuen Job bei der Betreuung von Asylbewerbern in Borgentreich (Kreis Höxter) gefunden haben. Kötter geht davon aus, dem Land im November, für die nicht geleistete Arbeit in der JVA Büren „nur“ noch 130 000 Euro berechnen zu müssen. Volker Jung, CDU -Landesabgeordneter aus Lichtenau (Kreis Paderborn): „NRW ist mit 140 Milliarden Euro verschuldet. Es wäre sicherlich besser gewesen, wenn man sich beim Abschluss der Verträge für den Fall abgesichert hätte, der jetzt eingetreten ist.“

 

Zukunft der Haftanstalt unklar

Die Zukunft der Justizvollzugsanstalt Büren (Kreis Paderborn) ist weiter ungewiss, nachdem dort seit Juli keine abgelehnten Asylbewerber mehr untergebracht werden dürfen. Die 110 Vollzugsbeamten und Verwaltungsmitarbeiter, die sich dort jetzt nur noch um 162 Verbrecher kümmern, hängen in der Luft, weil das NRW Innenministerium (zuständig für Asylbewerber) und das NRW Justizministerium (zuständig für Strafgefangene) noch kein Konzept haben. Der Landtagsabgeordnete Volker Jung (CDU) hat Freitag vorgeschlagen, das Gefängnis an Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs anzupassen und zu einer zentralen Einrichtung für Abschiebehäftlinge zu machen. Er kritisierte, dass das nicht längst geschehen sei. „Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat sich lange angekündigt. Andere Bundesländer haben sich rechtzeitig darauf eingestellt.“