22.11.2014

Abschiebe - Chaos: NRW karrt Häftlinge durch Deutschland

1000-Kilometer- Fahrten pro Fall/Büren soll wieder zentrale Anstalt werden

Von Hubertus Gärtner

Düsseldorf/Büren. Die Zustände beim um Umgang mit Abschiebehäftlingen bringt das Düsseldorfer Innenministerium immer stärker in die Bredouille. Weil in NRW keine europarechtskonforme Haftanstalt existiert, müssen die Häftlinge von Sicherheitskräften begleitet nach Berlin und inzwischen sogar bis nach Eisenhüttenstadt an der polnischen Grenze gebracht werden, um sie dort unterzubringen.

Wegen des hohen personellen Aufwands haben die NRW-Ausländerbehörden nach Recherchen dieser Zeitung bereits ein Brandbrief geschrieben. Auch für die in der Abschiebehaft Betroffenen stellt das Prozedere eine enorme Belastung dar, weil sie isoliert werden und wegen der Distanz kaum noch Besuch erhalten.

„Das Land kennt die Situation. Wir hoffen, dass es für NRW bald wieder eine andere Lösung gibt“, sagt Volker Fliege, Leiter des Bielefelder Bürgeramts, dem die örtlichen Ausländerbehörden unterstellt sind.

Bis vor einigen Wochen war die JVA Büren das Abschiebegefängnis in NRW. In der ehemaligen Kaserne gibt es 384 Plätze für Abschiebehäftlinge und für 151 Strafgefangene. Im Juli entschied allerdings der Europäische Gerichtshof, dass Abschiebehäftlinge nicht zusammen mit Strafgefangenen untergebracht werden dürfen. Daraufhin wurden die noch in Büren sitzenden Abschiebehäftlingen - damals 21 - in eine andere Anstalt nach Berlin-Köpenick verlegt. Nach Angaben eines Sprechers gibt es dort aber immer wieder „personelle Engpässe“, sodass die Abschiebehäftlinge aus NRW nach Eisenhüttenstadt (Land Brandenburg) transportiert werden müssen. Das bedeutet Fahrstrecken von 1000 km und mehr.

Birgit Axler, sprich Sprecherin des NRW-Innenministeriums, bestätigt den Sachverhalt. Derzeit würden „viele Gespräche“ stattfinden, um das Dilemma zu lösen, sagt sie. Tatsache ist, dass es Abschiebungshaftanstalten, die mit EU-Recht vereinbar sind, derzeit nur noch in Bayern, Rheinland-Pfalz, Berlin und Brandenburg gibt. Nach Information dieser Zeitung will das NRW-Innenministerium die JVA deshalb im nächsten Jahr als zentrale Anstalt für den Abschiebungsvollzug in NRW reaktivieren und umbauen. Geplant sind 150 Plätze.

Aus rechtlichen Gründen dürfte die Bürener Einrichtung dann aber wohl nicht länger dem Justizministerium zugeordnet sein, sondern müsse dem Innenministerium unterstellt und hier etatisiert werden. Polizisten oder private Sicherheitsdienste könnten dann dort arbeiten.

Geplant ist, die 110 Justizvollzugsbediensteten, die in Büren derzeit noch 130 zumeist kleinkriminelle Strafgefangene bewachen, in andere Gefängnisse zu versetzen und die Gefangenen zu verlegen. Das NRW-Innenministerium will in der Angelegenheit mit dem Land Hessen kooperieren. Abschiebehaft wurde von den Gerichten zuletzt seltener verhängt, sodass es ungewiss ist, ob die 150 Plätze in der Bürener Einrichtung jemals alle benötigt werden. Die Bundesregierung plant allerdings, die Voraussetzung für die Abschiebungshaft zu erweitern. Sie richtet sich gegen Asylbewerber, die zur Ausreise verpflichtet sind und bei denen die Gefahr besteht, dass sie untertauchen.

Info

„Pendelbetrieb“

Die CDU-Landtagsabgeordneten Volker Jung und Werner Lohn fordern die Umwandlung der JVA Büren in eine zentrale Abschiebehaftanstalt für NRW und die nördlichen Bundesländer.

Auch der FDP-Landtagsabgeordnete Joachim Stamp kritisiert den „Pendelbetrieb“ und die „Verschwendung“.