14.10.2014

Warten aufs Asylverfahren

Ansturm verzögert Arbeit der Behörden. Schnellverfahren für Syrer

Rüthen. Eigentlich sollten die ersten Asylverfahren für die Flüchtlinge in Rüthen auf den Weg gebracht werden. Wegen des großen Andrangs gibt es aber einen gewaltigen Stau. „Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist überlastet“, weiß Flüchtlingshelfer Frank Gockel. Der gebürtige Rüthener kennt die komplizierte Situation der Bewohner im Haus Maria vom Stein.

Normalerweise werden die Flüchtlinge unmittelbar nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst registriert und dann nach wenigen Tagen in Notunterkünften wie in Rüthen untergebracht. Hier sollen dann Mitarbeiter des Bundesamtes innerhalb von drei bis sieben Tagen Interviews durchführen, um mit den so gewonnenen Daten den Asylantrag vervollständigen und anschließend bearbeiten zu können. Nach drei Monaten soll dann normalerweise eine Entscheidung vorliegen. „In der Regel dauert dieses Verfahren aber über zwei Jahre“, so Gockel. Zurzeit „geht es weder vorwärts noch rückwärts“, urteilt er. Während dieser Phase sind die Asylbewerber zum Nichtstun verdammt. Zeit, die fehlt, um sich in Deutschland integrieren zu können. Offen ist, ob während dieser Behördenvorgänge überhaupt ein Wechsel von einer Notunterkunft wie in Rüthen in ein anderswo gelegenes Asylbewerberheim vorgenommen werden kann. Daher könne sich Gockel auch nicht vorstellen, dass die Unterkunft wie zunächst geplant bereits im November wieder aufgelöst wird. Bei allen anderen Notunterkünften in NRW sei man erst von kurzen Fristen ausgegangen, die später verlängert wurden, weiß er aus Erfahrung: „Das Land muss sich etwas einfallen lassen“. Derzeit rechnet er mit weiteren Flüchtlingen aus dem Norden Iraks, wo die Isis wütet - und die neuesten Berichte des UN- Flüchtlingshilfswerks aus Afghanistan gehen von einer Verschärfung der Situation aus, der wahrscheinlich ein weiterer Exodus in Richtung Europa folgen wird.

Immerhin stehen einige Gesetzesänderung in Aussicht, die den Umgang mit den Flüchtlingen vereinfachen sollen. So sei eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes in Planung, das den Kommunen bei den Kosten für die Unterbringung entgegenkommen soll.

Eine besondere Rolle kommt den Ankömmling aus dem ehemaligen Jugoslawien und aus Syrien zu. Für deren Asylanträge wurden nämlich Schnellverfahren entwickelt - für die Exjugoslawen, um sie schneller wieder abschieben zu können und für die Syrer, die durchweg anerkannt werden. Letztere dürfen theoretisch nach neun Monaten eine Arbeit aufnehmen, wenn sich kein EU-Bürger findet, der den Job machen will. „Das ist bei mangelnden Sprachkenntnissen relativ schwierig“, weiß Gockel. Darum sind Deutsch- und Integrationskurse sehr begehrt - insbesondere vor Ort, weil eine Residenzpflicht besteht und die Ankömmlinge NRW nicht verlassen dürfen und in Rüthen wohnen müssen. Wurde ihnen der Flüchtlingsstatus zuerkannt können bzw. müssen die Menschen ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Erfahrungsgemäß versuchen dann viele anerkannte Asylanten den Schritt in die Selbstständigkeit. fred

Kein Rückgang

Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann ging bei seinem Besuch in der vorigen Woche von einem Rückgang der Flüchtlingszahlen im November aus. Dies lag bislang an den vielen Sinti und Roma aus dem früheren Jugoslawien, die im September und Oktober in Deutschland um Asyl baten, um so die kalten Wintermonate in einer Asylbewerberunterkunft zu überstehen. Ihre Zahl habe aber wegen restriktiver Gesetze in ihren Herkunftsländern dramatisch abgenommen, so Frank Gockel. Er geht nicht von einem Rückgang der Bewerberzahlen aus.

 

„Es geht weder vorwärts noch rückwärts“: Der Rüthener Frank Gockel arbeitet bei der Flüchtlingshilfe.
Geduld ist bei den Flüchtlingen im Haus Maria von Stein angesagt. Wegen des großen Ansturms verzögert sich die Prüfung der einzelnen Asylverfahren immer mehr. Foto: Lücke