18.07.2014

Folgen für JVA Büren noch unabsehbar

Nach EuGH-Urteil zur Abschiebehaft hat Diskussion um den Standort begonnen - große Kapazitäten ungenutzt

Von Bernd Bexte

Büren (WB). Nach der Entscheidung des europäischen Gerichtshofs in Luxemburg zur Abschiebehaft wird es auch in Nordrhein-Westfalen einzigem Abschiebegefängnis in Büren große Veränderung geben. Nur welche, da steht noch nicht fest.

Anstaltsleiter Udo Wehrmeier gab sich gestern gelassen: „Wir werden jetzt nicht sofort die Türen für alle Abschiebehäftling öffnen.“ Das Urteil der Luxemburger Richter fuße auf Einzelfällen. Die könnten nicht ohne weiteres als allgemeingültige Maßnahme umgesetzt werden. Auch das NRW-Innenministerium will zunächst das schriftliche Urteil aus Luxemburg abwarten. „Erst dann können wir entscheiden, was das für den Standort Büren bedeutet“, erklärte eine Sprecherin. Das NRW-Justizministerium, dass die Abschiebehaft in Amtshilfe für das Innenministerium übernimmt, kann sich eine Übergangsregelung vorstellen. Mit einer kompletten Aufgabe des Standorts Büren sei nicht zu rechnen. „Das würde keinen Sinn machen“, sagte ein Ministeriumssprecher. Vor 20 Jahren war die ehemalige belgische Kaserne zu einem Abschiebegefängnis umgewidmet worden. Erst 2008 kam Strafgefangene hinzu, die dort Ersatzfreiheitsstrafen oder kurze Freiheitsstrafen verbüßen. Aktuell sind dort 32 abgewiesene Migranten (darunter zwei Frauen) untergebracht sowie 140 Strafgefangene. Sie sind räumlich getrennt, doch aus separater Hafthäuser sind laut EuGH Urteil mit Verweis auf die EU-durch Rückführungslinie nicht zulässig. Die Kapazitäten in Büren sind längst nicht ausgeschöpft: Dort ist Platz für 160 Strafgefangene und 328 Abschiebehäftling. „Theoretisch könnte hier ein Abschiebegefängnis für ganz Deutschland entstehen“, sagt Wehrmeier. In länderübergreifenden Gesprächen müsse nun geklärt werden, wie es weitergehe. Nach Angaben der Organisation Pro Asyl kombinieren neben NRW fünf weitere Bundesländer die Straf- und die Abschiebehaft in der Praxis: Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Von einer Schließung der Abschiebehaftanstalt Büren wären 30 Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma Kötter (Essen) betroffen. „Unter ihnen ist die Verunsicherung schon groß“, sagt Wehrmeier. Zudem sind in der JVA etwa 100 Mitarbeiter des Landes beschäftigt, hauptsächlich Beamte. Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ lehnt eine Verlegung der Abschiebehäftling in andere Bundesländer ab, die eigens Einrichtungen für ausreisepflichtige Ausländer unterhalten. „Werden sie von Büren nach Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern verlegt, werden Besuche der Angehörigen unmöglich“, sagte Sprecher Frank Gockel. Er fordert die Schließung der JVA Büren für Abschiebehäftlinge. Auch sei darüber nachzudenken, wie die mehr als 5000 Gefangenen entschädigt würden, die seit der Umsetzungsfrist der Rückführungsrichtlinie seit dem 24. Dezember 2010 in der JVA Büren „unrechtmäßig inhaftiert waren“. Mit Blick auf das EuGH Urteil und die bislang unklare Rechtslage hatte auch das Amtsgericht Paderborn keine Haftbefehle mehr gegen Abschiebehäftling gestellt.

Die JVA Büren, geleitet von Udo Wehrmeier, ist die einzige Abschiebehaftanstalt in NRW. Hier dürfen künftig keine Strafgefangenen und ausreisepflichtige Ausländer gleichzeitig untergebracht werden. Foto: Hannemann