18.04.1995

Häftlingsrevolte unblutig beendet

Meuterei in Abschiebegefängnis/Bedienstete kritisieren Landesregierung

Von Matthias Brüggemann

Büren. Sieben Stunden hielten in der Nacht zum Ostersonntag meuternde Häftlinge der Abschiebehaftanstalt in Büren die Polizei in Atem. Dann beendete ein Sondereinsatzkommando den Gefangenenaufstand. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden wird auf mehrere 10.000 Mark geschätzt.

Scharfe Kritik gab es unterdessen aus den Reihen der in Büren arbeitenden Strafvollzugsbeamten. Sie bezeichneten die Gefangenenmeuterei vom Wochenende als „Ereignis einer Politik des Sparens um jeden Preis“.

Begonnen hatten die Unruhen in der größten Abschiebehaftanstalt von NRW am Samstag gegen 20 Uhr, als zwei Bedienstete der Anstalt von sechs Häftlingen überwältigt wurden. Die Gefangenen nahmen Ihnen die Türschlüssel ab und öffneten die Zellen ihrer Mitgefangenen. Insgesamt befanden sich 42 vorwiegend aus Nordafrika stammende Abschiebehäftlinge in den Gefängnisfluren. Die Häftlinge zerstörten Mobiliar, zertrümmerten Fensterscheiben und legten im Duschraum einen Brand, den sie aber selbst wieder löschen.

Die Gefangenen forderten, mit einem leitenden Vertreter des NRW-Innenministeriums vor laufender Fernsehkamera sprechen zu können, andernfalls würden sie Brände legen. Laut Anstaltsleiter Peter Möller hätten die Gefangenen dabei ausdrücklich betont, dass sich ihre Aktion nicht gegen das Anstaltspersonal oder die Haftbedingungen in dem Gefängnis richteten, sondern allein gegen die Tatsache ihrer Inhaftierung und deren Dauer. Einige von ihnen sind bereits seit einem Jahr in Abschiebehaft.

Als gegen 21 Uhr von den meuternden Häftlingen ein Zellenbrand gelegt wurde, entschloss sich die Polizei zur Stürmung des Geländes. Die 80 Beamten, die aus dem Regierungsbezirk Detmold zusammengezogen wurden - unter ihn SEKs aus Bielefeld und Dortmund - drangen in den verbarrikadierten Zellentrakt ein. Die Gefangenen leisteten keinerlei Widerstand, sodass die Lage innerhalb weniger Minuten beruhigt und der Brand von der Feuerwehr gelöscht werden konnte, berichtete Möller. 32 der randalierenden Häftlinge wurden sofort in verschiedene Gefängnisse verlegt.

Der Bürener Ortsverband des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) erhob schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung. In der Haftanstalt Büren, in der es in der Vergangenheit immer wieder zu Zwischenfällen kam, gebe es aus Kostengründen zu wenig ausgebildetes Personal. Als Ausgleich werde auf Kräfte eines privaten Sicherheitsunternehmens zurückgegriffen. Als die Meuterei ausbrach, sei lediglich ein ausgebildeter Strafvollzugsbediensteter in einem Hafthaus mit 200 Haftplätzen eingesetzt gewesen.

Polizeifahrzeuge stehen vor der Justizvollzugsanstalt in Büren. Einige Abschiebehäftling meuterten. Die Polizei beendete die Revolte unblutig. Foto: dpa