03.03.1995

„Meine Mutter versteht das auch nicht“

JVA-Leiter Möller launige Redner zum sensiblen Abschiebehaft-Thema beim CDU-Aschermittwoch

Wünnenberg-Fürstenberg. Zu ihrem Aschermittwoch lädt die CDU gern wortgewaltige wie -gewandte Redner. Peter Möller (Foto), Leiter der Justizvollzugsanstalt Büren, fiel zuletzt negativ auf, als er im Schüler-Interview das Problem der Abschiebehaft mit eingesperrten Kanarienvögeln verglich (die NW berichtete im Rahmen des ZiSch-Projektes). In Fürstenberg versuchte der Bielefelder auch „altgedienten“ ein „realistisches Bild“ - so seine Worte - der Haftsituation zu vermitteln.

Persönlich und politisch stellte sich Möller nur halb hinter die aktuelle Abschieberegelung. „Wenn ich aufrichtig bin, weiß ich keine Lösung.“ Niemand wisse auch, wie es in Deutschland ohne sie aussehe. Pro und contra zur gängigen Praxis erschien ihm jedoch lediglich als altbekannter Widerstreit zwischen „Gefühl des Herzens“ oder „staatsmännischer Entscheidung“. Wie es den Gefangenen gehe? Die meisten würden sich in Großgruppen wohler fühlen und auf einem 6-Bett-Zimmer eher noch mit vier Personen mehr hocken. „Man macht Blödsinn und Quatsch, und der Tag hat noch viel mehr zu bieten“, sah er den Häftlingsalltag „wie auf einem Basar in Algier“ - so als könnte sich jeder frei bewegen und wäre von nichts anderem bewegt. Bekannt ist der JVA-Chef allerdings dafür, dass er die Besucherregelung relativ großzügig auslegt. Einer in Kochs Saal fragte unbedarft nach: „Ich habe gehört, die Häftlinge seien isoliert von der Außenwelt?“ Möller machte seine Antwort wieder zur einer des Standpunktes: „Ausländer sind hier bei uns auch isoliert, ohne dass Mauern drumherum sind.“

Ortsvorsteher Alfons Schweins, zu den unverbesserlichen zählend, wollte wissen: Werden „wir“ überhaupt Abschiebehäftlinge los? Möller: „In Büren rund 250 pro Monat - wir entlasten aber auch 20 bis 25.“ Schweins mochte sich keinesfalls damit abfinden, dass Kurden, die „unsere“ Gastfreundschaft doch offensichtlich nicht zu schätzen wüssten, nicht ohne Verfahren ausgewiesen werden können. Des Gastredners salomonische Entgegnung: „Meine Mutter versteht das auch nicht.“

Vorurteile über Kosten der Haft griff Möller diplomatisch von sich aus auf. „Aus Eigeninteresses sorgen wir dafür, dass die 50 verschiedenen Nationalitäten ihre Kost bekommen - ohne dass es deshalb viel teurer wird.“ Interessierte Beobachter der deutschen Abschiebegefängnisse aus Holland und der Schweiz würden sich ohnehin wundern, „dass euch die Leute nicht den Hals abschneiden!“ - malte Möller wieder ein Bild um am Ende die Grenzen seiner JVA-Machenschaften klar aufzuzeigen: „Wenn wir es nicht schaffen, mit den Menschen auszukommen, können wir sie nicht halten.“: