27.11.2010

Vorgestellt: Besuch der Justizvollzugsanstalt Büren

In seiner Reihe „Betriebsbesichtigung“ besuchte der „Stadtspiegel“ am 4. Oktober die Justizvollzugsanstalt Büren. Eines sei schon vorweg gesagt: Das Klischeebild, das einem Gefängnis anhaftet, wurde bald von einem ganz anderen Bild verdrängt. Schon beim Betreten der Haftanstalt überraschten fröhlich kickende Häftlinge die Besucher. Doch zunächst der Reihenfolge nach.

Die Justizvollzugsanstalt Büren ist eine Einrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen im Kreis Paderborn, gelegen im Haarener Wald auf dem Gelände der ehemaligen NATO-Siedlung Stöckerbusch. Der Leiter der Haftanstalt, Herr Volker Strohmeyer, erläuterte vor dem Rundgang Gliederung und Aufbau der Anlage. Zwei Abteilungen sind zu unterscheiden:

In der einen werden männliche, ausreisepflichtige Ausländer ab einem Alter von 16 Jahren bis zu ihrer Abschiebung untergebracht. Die Verweildauer beträgt durchschnittlich 49 Tage. Die Rechtsgrundlage ist nicht das Strafrecht, sondern liegt im Aufenthaltsrecht für Ausländer begründet. In einer zweiten Abteilung werden rechtskräftig verurteilte Männer mit Freiheitsstrafen unter drei Monaten und Verurteilte zur Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen aufgenommen. Beide Gruppen sind getrennt voneinander untergebracht.

Insgesamt stehen für die Bewältigung der vielfältigen Aufgaben ca. 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des allgemeinen Vollzugsdienstes, darunter ca. 70 Sicherheitskräfte eines privaten Unternehmens zur Verfügung. Bei einem Rundgang fiel zunächst die ansprechende äußere Gestaltung der Anlage ins Auge. Viel Grün, Freiflächen und Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung der Inhaftierten waren auf dem Gelände weiträumig angeordnet, unterbrochen von Kleinparzellen gärtnerischer und künstlerischer Gestaltung. Während des Rundgangs zeigten uns die begleitenden Beamten die einzelnen Gebäude und ihre Einrichtungen.

Die Insassen leben in Zimmern für ein bis sechs Personen. Die Räume haben Radio- und Fernsehempfang, Kalt- und Warmwasseranschluss und WC-Kabinen. Duschen und Hobbyküche befinden sich auf jeder Etage. Besonders die Hobbyküchen erfreuen sich großer Beliebtheit, können doch dort die Häftlinge ihre landestypischen Gerichte selbst zubereiten; bei über 60 verschiedenen Nation eine vielfältige Ergänzung des Speiseplans. Apropos Speiseplan: Bei Menschen so unterschiedlicher Herkunft kann es natürlich keinen einheitlichen Speiseplan für die täglichen Mahlzeiten geben. Ein Muslim hat beispielsweise einen anderen Speiseplan als ein Hindu. Je nach Glaubensgemeinschaft oder nationaler Herkunft werden die Gerichte entsprechend zubereitet und geliefert. Ebenso ist Diätkost möglich.

Jeder Häftling kann sich, wenn er will, auf seine Weise sportlich betätigen. Entsprechende Einrichtungen sind in großer Vielfalt vorhanden - angefangen vom Tischtennis bis hin zum Kraftraum. Für geistige Beschäftigung ist eine Bibliothek eingerichtet, die neben gängigen, auch ausländischen Tageszeitungen eine große Auswahl an Büchern anbietet. Fast jede Sprachgruppe kann hier fündig werden.

Eine große Unterscheidung zwischen Abschiebehäftlingen und Strafgefangenen wird in den Werkstätten auffällig: Strafgefangene müssen, Abschiebehäftlinge dürfen arbeiten. Die erste Gruppe wird von Werkstattmeister geleitet. Die hergestellten oder verarbeiteten Produkte werden von heimischen Betrieben in Auftrag gegeben und abgenommen. Für ihre Arbeit erhalten die Häftlinge einen angemessenen Lohn, der gleichsam zum Startgeld nach ihrer Entlassung wird. Die Abschiebehäftlinge gehen häufig einer Beschäftigung ganz anderer Art nach. Oft sind es kulturelle Angebote, wie zum Beispiel Malen oder die Herstellung von Mosaiken mit Themen aus ihren Kulturkreisen, die sie wahrnehmen. Nach Wunsch werden sie in verschiedenen Werkbetrieben beschäftigt in denen Arbeiten nach Art von Heimarbeit verrichtet werden. Bekannt sind in diesem Zusammenhang die bunten Vogelhäuschen, die auch außerhalb der Vollzugsanstalt zum Verkauf angeboten werden. Der Wochenverdienst liegt bei etwa 50 €. Das Entgelt unterliegt bei dem Überschreiten von Grenzwerten den Pfändungsregeln. Die Insassen werden von den Ausländerbehörden für die Abschiebekosten in Anspruch genommen.

Der Tagesablauf einschließlich der Freizeitangebote endet um 20 Uhr. Für die medizinische Versorgung der Häftlinge stehen kompetentes Fachpersonal und geeignete Fachräume zur Verfügung. Nicht vergessen werden darf die religiöse Betreuung. Für die wichtigsten Religion stehen Geistliche bereit. So kommt zum Beispiel für die muslimischen Häftlinge ein Islam aus Paderborn und hält mit ihnen das Freitagsgebet. Auch die religiösen Festtage der verschiedenen Glaubensgemeinschaften finden im Jahresablauf ihre Berücksichtigung. Für Strafgefangene kann nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft eine Weihnachtsamnestie gewährt werden.

Inhaftierte Abschiebehäftlingen können nach freiem Belieben ohne zeitliche Beschränkung besucht werden. Für Strafgefangene ist die Besuchszeit auf 4 Stunden pro Monat begrenzt. Im Besucherraum besteht die Möglichkeit, Automatenware oder Telefonkarten zu erwerben. Der Höchstbetrag ist jedoch auf 15 € begrenzt. Während des Rundgangs war es den Besuchern möglich, alle wichtigen Einrichtung einschließlich der Wohnräume zu besichtigen. In allen Bereichen war das Bemühen des Personals zu erkennen, den Inhaftierten das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten und ihre Lage zu erleichtern. Wie drückte es ein sambischer Bischof aus, der die Anstalt besuchte: „It’s like a hotel“ - „Es ist hier wie in einem Hotel“.

So weit wollen wir nicht gehen. Doch diese Aussage zeigt, dass die Häftlinge unter den gegebenen Umständen in der Justizvollzugsanstalt Büren mehr als ordentlich untergebracht sind und betreut werden.