20.08.2008

Die Probleme bleiben nicht vor der Tür

Seit einem Jahr nimmt die JVA Büren neben Abschiebehäftlingen auch Strafgefangene auf

Von Hanne Rei mehr (Text und Foto)

Büren (WV). Leichter ist sie nicht geworden, die Arbeit in der JVA Büren sei dort vor einem Jahr der erste Strafgefangene Einzug hielt. Doch Leiter Volker Strohmeyer und sein Team halten fest am Prinzip, die Häftlinge respektvoll und menschlich zu behandeln.

Das habe gegolten als am Stöckerbusch ausschließlich Abschiebegefangene untergebracht wurden, und das sei auch jetzt oberstes Gebot, betont Strohmeyer. In Büren sitzen die Gefangenen kurze Haftstrafen ab, meist weil sie Geldstrafen nicht bezahlt haben.

Es sind meistens Männer mit schweren Problemen - Problemen, die sie nicht an der Gefängnistür abgeben. „80 bis 85 Prozent der Häftlinge sind Suchtkranke“, erläutert Dunja Ring, die als Abteilungsleiterin für den Strafvollzugs zuständig ist. Viele sind infolge der oft jahrelangen Sucht nach Drogen oder Alkohol psychisch krank geworden und quälen sich mit Selbstmordgedanken.

„Suizide zu vermeiden, ist eine unserer wichtigsten Aufgaben“, betont Strohmeyer. Psychologen gehören ebenso zum JVA-Team wie Seelsorger und Sozialarbeiter. Auch die medizinische Versorgung ist rund um die Uhr gesichert. Viele der Drogensüchtigen bekommen Methadon als Ersatztherapie, andere müssen in der Haft Entzugserscheinungen durchstehen. Werden die zu stark, wird der Gefangene ins Justizkrankenhaus nach Freudenberg verlegt.

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass die Abschiebehäftlinge, die ja keine Straftat begangen haben, sondern auf ihre Ausreise warten müssen, strikt von den Strafgefangenen getrennt werden. Daher gibt es getrennte Haft- und Arbeitsbereiche, Freizeiteinrichtungen wie Fußballplatz oder Fitness-Studio werden umsichtig genutzt.

131 Haftplätze gibt es in Büren für Strafgefangene, doch die sind chronisch überlegt. Bis zu 160 Männer mussten Dunja Ring und ihr Team in „Spitzenzeiten“ schon unterbringen. Zwar gibt es einige Einzelzellen, doch die meisten Häftlinge sind in Zellen mit zwei, drei oder mehr Betten untergebracht. Nach dem grausamen Zwischenfall im Jugendgefängnis Siegburg im November 2006 (Häftlinge hatten einen Mitgefangenen zum Selbstmord gezwungen) sind die Vollzugsmitarbeiter zu einer sogenannten Verträglichkeitsprüfung verpflichtet, bevor sie Häftlinge zusammenlegen.

Natürlich bemüht man sich Männer zusammenzulegen, die zueinander passen“, sagt Strohmeyer. Ist beispielsweise jemand depressiv, bekommt er einen Zellengenossen, der ein wenig aufpassen und ihn vielleicht etwas aufrichten kann. „Letztlich“ schränkt Strohmeyer ein, „kann man aber jeden Menschen nur vor den Kopf gucken - ausschließen kann man ehrlicherweise kaum etwas.“ Leicht ist es nicht, das Leben und das Arbeiten in der JVA Büren.

Aktuelles Stichwort

JVA Büren

Die Justizvollzugsanstalt Büren existiert seit 1994. Zuvor war der Gebäudekomplex im Stöckerbusch, einem Waldgebiet zwischen Büren und Haaren, einen NATO-Kaserne.

Zunächst wurden in der JVA nur Abschiebehäftlingen gefangen gehalten. Einst waren das bis zu 500 Männer. Weil die Zahlen der Abschiebehäftlinge in den vergangenen Jahren deutlich sanken, andererseits aber Plätze im Strafvollzug fehlten, fiel die Entscheidung zum 1. Juli 2007 in Büren auch Strafgefangene unterzubringen.

Die JVA Büren hat knapp 200 Mitarbeiter. Neben 70 Mitarbeitern des Allgemeinen Vollzugsdienstes und 70 Kollegen eines privaten Sicherheitsunternehmens sind das unter anderem ein Arzt und mehrere Krankenpfleger, Psychologen, Seelsorger, Techniker und Verwaltungskräfte.

Nachgehakt

? Wie hat sich die Arbeit des ehrenamtlichen Beirats geändert, seit in der JVA Büren auch   Strafgefangene untergebracht werden?

Vorsitzender Werner Paaßen:

Wir führen etwa drei bis fünf Beratungsgespräche im Monat. Die Gefangenen müssen einen Antrag stellen, dann vereinbaren wir einen Termin. Es sind vor allem die jüngeren Häftlinge, die um ein Gespräch bitten. Scheint, als seien sie besser über ihre Rechte informiert als die älteren.

Natürlich sind Suchtprobleme oft ein Gesprächsthema. Ein häufiger Kritikpunkt ist auch das Essen. Einige Häftlinge bitten auch um ihre Verlegung in ein anderes Gefängnis, beispielsweise weil sie näher an ihren Heimatort untergebracht sein wollen. Meistens klappt das aber nicht - die Haftdauer ist zu kurz, um so etwas zu regeln.

Manchmal muss man Häftlinge mit überzogenen Forderungen auch daran erinnern, dass sie keinen Kurzurlaub verbringen, sondern eben eine Strafe verbüßen, zu der sie ein Gericht rechtskräftig verurteilt hat.

 

Vollzugsbeamter Bernd Köhler zeigt an einer Zelle das Licht (oben links), dass Gefangene einschalten, wenn sie ein Anliegen haben.
Beiratsvorsitzender wäre nach Paaßen, Personalchef Karl-Heinz Wogesin und Abteilungsleiterin Dunja Ring (von links) stehen vor dem alten Sanitärtrakt, der abgerissen werden soll. Ein neues ist geplant.
JVA-Leiter Volker Strohmeyer zeigt den Gebäudekomplex, in dem die Häftlinge tagsüber arbeiten. Auf der Wiese davor wünscht er sich eine Turnhalle. Während Strafgefangene zur Arbeit verpflichtet sind, ist sie für Abschiebehäftlinge freiwillig, viele von ihnen nehmen das Angebot aber gerne an. In der Arbeit wie in der Haft sind Abschiebe- und Strafgefangene strikt voneinander getrennt.