05.09.2006

Vater-Rolle eingenommen

17-jähriges Mündel von Frank Gockel könnte jederzeit abgeschoben werden

Aachen/Rüthen. Er war ein unauffälliger, aber ständiger Begleiter Frank Gockels bei der Verleihung des Aachener Friedenspreises: Der 17-jährige Clinton Gebengea Adewale aus Nigeria war am vergangenen Freitag stets an der Seite des Rüthener Vorsitzenden vom Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ zu sehen (wir berichteten).

Auch am Ende der Preisverleihung standen beide Hand in Hand auf der Bühne. Ein Lächeln huschte in diesen Momenten über das sonst traurige Gesicht des jungen Afrikaners. Nach der offiziellen Preisverleihung verlas er auf Englisch seinen bewegten Lebensweg vor den Zuhörern in der Aachener Aula Carolina. „Mein Vater starb, als meine Mutter im zweiten Monat schwanger war“, erklärte er. Aufgrund religiöser Konflikte in seinem Heimatland vertraute seine Mutter ihren Sohn einer Schlepperbande an. Die brachte den damals 16-jährigen Clinton nach Deutschland und setzte ihn in Köln aus. Sein Asylantrag in der Domstadt wurde abgelehnt. Sechs Wochen verbrachte er anschließend in der Abschiebe-Anstalt in Köln-Ostendorf, bevor er in das Bürener Abschiebegefängnis kam. Dort traf Clinton auf die Mitglieder des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft“.

Frank Gockel nahm sich in dieser Zeit Clintons an. Er holte ihn im Januar dieses Jahres aus der Anstalt in Büren und beschloss, sein Vormund zu werden. „Herr Gockel hat die Rolle eines Vaters für mich eingenommen“, erklärte Clinton den Zuhörern auf der Preisverleihung. Seit mehr als einem halben Jahr ist Clinton in einem Jugendwohnprojekt bei Paderborn untergebracht. Hier fühlt er sich heimisch, lernt Deutsch und besucht die neunte Klasse einer ganz normalen deutschen Schule. „Sein Traum ist es, das Abitur zu machen und anschließend zu studieren“, so Frank Gockel. Clintons Status aber ist unsicher. Derzeit ist er in Deutschland lediglich geduldet. Das heißt, er könnte jederzeit abgeschoben werden.

„Es gibt momentan einen Streit zwischen den Ausländerbehörden in Köln und Paderborn, da sich die Behörde in Paderborn nicht für ihn zuständig fühlt“, erklärt Gockel. Er befürchtet, dass Clinton wieder nach Köln muss, wovor dieser jedoch panische Angst hat. Der junge Afrikaner aber ist dem Vorsitzenden des Bürener Vereins gegen Abschiebehaft schon jetzt dankbar: „Herr Gockel gibt meiner Seele halt wie ein Vater“, sagte er vor den Zuschauern in Aachen.        ari

 

War bei der Verleihung des Aachener Friedenspreises stets an der Seite von Frank Gockel zu finden: Clinton Gebanga Adewale aus Nigeria, dessen Vormundschaft der Vorsitzende des Boehringer Vereins gegen Abschiebehaft übernommen hat.