16.12.2004

Streit um Bewachung von Häftlingen

Land vergibt Millionen-Auftrag an Securitas - Mitbewerber legt Widerspruch ein

Von Christian Althoff

Büren (WB). Um die Bewachung der Gefangenen in der Abschiebehaftanstalt Büren (Kreis Paderborn) ist ein Rechtsstreit zwischen den Sicherheitsunternehmen Kötter und Securitas entbrannt.

Büren ist mit 530 Plätzen die größte Abschiebehaftanstalt Deutschlands und das einzige Gefängnis in NRW, in dem private Sicherheitskräfte eingesetzt werden. Mit der Öffnung der Haftanstalt vor zehn Jahren hatte das Essener Unternehmen Kötter den Zuschlag bekommen. Seit damals arbeiten in der Haftanstalt 60 Vollzugsbeamte und 74 Kötter-Mitarbeiter, die sich 40 Stellen teilen. „Der große Vorteil ist für uns, dass wir immer 40 private Sicherheitskräfte zur Verfügung haben, weil im Krankheits- oder Urlaubsfall sofort Ersatz geschickt wird“, erklärt Volker Strohmeyer, der stellvertretende Leiter der Haftanstalt.

Lohnend ist der Vertrag auch für Kötter: etwa 22 Euro soll das Land dem Unternehmen pro Mann und Stunde zahlen, acht Euro davon erhält der Mitarbeiter vor Ort. Der Auftrag soll ein Volumen von mehr als drei Millionen Euro pro Jahr haben. Nachdem das Land den Vertrag von Jahr zu Jahr verlängert hatte, war die private Bewachung jetzt zum ersten Mal seit 1994 ausgeschrieben worden, und zwar europaweit. „Denn auch wir müssen versuchen, Kosten zu senken“, erklärt Detlef Wenzel, Sprecher im Justizvollzugsamt NRW. Den Zuschlag für die Bewachung ab 1. Januar hatte schließlich das weltweit tätige Unternehmen Securitas erhalten. Regionalgeschäftsführer Roland vom Brauck aus Essen: „Außerhalb Nordrhein-Westfalens sind wir bereits im Justizvollzug tätig. Wir freuen uns, dass wir jetzt auch in NRW in diesen Markt einsteigen können.“ Doch ob die privaten Kräfte in Büren tatsächlich in zwei Wochen Securitas-Uniform tragen werden, ist noch ungewiss. Denn Kötter hat bei der Vergabekammer der Bezirksregierung Düsseldorf Widerspruch gegen den Zuschlag eingelegt. Angeblich sollen Kötter anderer Ausschreibungsunterlagen als den Mitbewerbern zur Verfügung gestanden haben - ein Vorwurf, den das Vollzugsamt zurückweist, denn die Ausschreibung war im Internet veröffentlicht worden.

Sollte die Vergabekammer bis Jahresende keine Entscheidung fällen, werden nach Willen NRW-Justizministers Wolfgang Gerhards zunächst die Kötter-Kräfte weitermachen. Für sie hat der Streit ohnehin wenig Auswirkung: „Wir haben allen Kötter-Mitarbeitern einen Arbeitsvertrag zu gleichen Bedingungen angeboten“, sagte vom Brauck. Es sei unsinnig, auf die Erfahrung dieser Kräfte zu verzichten und eine komplett neue Mannschaft aufzustellen.

Während der Einsatz privater Kräfte in der Abschiebehaft nach Angaben der Justizverwaltung ein Erfolg ist, darf beim regulären Strafvollzug (der eine qualifizierte Betreuung der Häftlinge erfordert) nicht mit ähnlichen Ergebnissen gerechnet werden. Zu diesem Schluss kommt ein bislang unveröffentlichtes Gutachten der Unternehmensberatung Deloitte für das NRW-Justizministerium. In dem 90 Seiten starken Papier heißt es, dass sich Einsparung vor allem bei der privaten Errichtung und der privaten Bauunterhaltung eines Gefängnisses ergeben. Spareffekte bei den Personalkosten würden durch die Mehrwertsteuer und die Gewinnmargen der privaten Unternehmen wieder zunichte gemacht.

 

NRW-Justizminister Wolfgang Gerhards