18.03.1998

Mahnwache vor Amtsgericht

Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft“ und Flüchtlingsrat:

Kreis Paderborn/Büren. Am 21. März ist der Tag der Vereinten Nationen zur Überwindung von Rassismus. Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“, die Hochschulgruppe der Universität-GH Paderborn „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft“, der Flüchtlingsrat Paderborn und Pro Asyl wollen am Vorabend, am 20. März von 18:00 bis 19:30 Uhr durch eine Mahnwache vor dem Amtsgericht Paderborn auf das Problem der Abschiebehaft aufmerksam machen.

Der Standort für die Mahnwache wurde gewählt, weil die meisten Haftbeschlüsse für die Abschiebehäftlinge in der Justizvollzugsanstalt Büren - der größten Abschiebehaftanstalt in NRW - vom Amtsgericht Paderborn erlassen werden.

Die Initiatorinnen und Initiatoren der Mahnwache lehnen Abschiebungshaft ab. Inhaftierung zur Erleichterung der Durchführung einer Verwaltungsmaßnahme (gemeint ist hier die Abschiebung) sei ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freiheit. Haftzeiten von drei Monaten bis weit über ein Jahr sind keine Seltenheit, wohl gemerkt für Menschen, die sich keiner Straftat schuldig gemacht haben, sondern in diesem Land kein Bleiberecht bekommen, erklären die Veranstalter. Die Heimatländer haben vielfach kein Interesse an der Rückkehr der Flüchtlinge. Deshalb stellen die Botschaften die für die Abschiebung notwendigen Passpapiere nur sehr schleppend aus. Die Ausländerämter und das Amtsgericht Paderborn lasten den Umstand, dass (noch) keine Ausweispapiere ausgestellt werden, in aller Regel den Häftlingen an und haben deshalb auch keine Probleme, die Haftdauer immer wieder zu verlängern.

Die in der ÖTV organisierten Richterinnen und Richter haben bereits im August 1995 eine Erklärung zur Abschiebehaft herausgegeben, in der sie darauf hinweisen, dass bei der Beantragung und Anordnung die gesetzlichen Verfahrensvorschriften nicht immer beachtet werden. Dies könne nicht länger hingenommen werden. Ferner kamen sie zu der Einschätzung, dass die Anordnung von Abschiebungshaft kein Instrument sein darf, dass lediglich eingesetzt wird, um den Ausländerbehörden die Abschiebung zu erleichtern. Auch sie erkannten die „Schwere des Eingriffs“ in das verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsgut auf Freiheit.

Aus Protest gegen die gängige Praxis der Haftanordnung ist von den Häftlingen der JVA Büren Ende vergangenen Jahres eine Unterschriftenliste beim Amtsgericht Paderborn eingereicht worden. Die Betroffenen wollen damit zum Ausdruck bringen, dass aus ihrer Sicht der Richter nicht eine unabhängige Instanz ist, sondern für sie oftmals der verlängerte Arm der Ausländerbehörde. Die Beschwerde der Häftlinge wurde mit dem Hinweis auf die „verfassungsrechtlich verbürgte richterliche Unabhängigkeit“ zurückgewiesen.

Die Behandlung der Abschiebehäftlinge durch Behörden und Gerichte und die Tatsache der Abschiebungshaft als solche belegt beispielhaft die zunehmende Diskriminierung von Ausländerinnen und Ausländern in Deutschland. Diese Form von Rassismus bewusst zu machen und gleichzeitig dagegen zu protestieren ist das Anlegen der Mahnwache. Die Initiatoren fordern deshalb die Abschaffung der Abschiebehaft und einer an den Menschenrechten orientierte Flüchtlingspolitik