12.12.1995

In Abschiebehaft trotz Abschiebestopp

Abschiebehaft trotz Abschiebestopp

Paderborn. Für die Mitarbeiter des Vereins „Hilfe für Menschen Abschiebehaft“ ist es schlichtweg paradox. Trotz eines von der NRW-Landesregierung erlassen Abschiebestopps für Nigeria sitzen Angehörige des afrikanischen Staates weiterhin in Abschiebehaft. Zu ihnen gehört auch Ezekiel O. Der 21-jährige Afrikaner wollte auf eigenen Wunsch in sein Land zurückreisen. Doch nun wurde seine Sicherungshaft in Büren um weitere drei Monate verlängert.                                                > 4.Lokalseite

Nigerianer sitzen weiter in JVA Büren/Betreuer übt heftige Kritik: „Das ist völlig unverständlich“

Paderborn/Büren (gär). Mitarbeiter des Vereins „Hilfe für Menschen Abschiebehaft Büren e.V.“ finden die Situation schlichtweg paradox: Obwohl das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen am 13. November dieses Jahres nach der Hinrichtung von acht Menschenrechtlern in Nigeria einen zunächst bis zum 15. Dezember dieses Jahres befristeten Abschiebestopp für das afrikanische Land erlassen hat, sitzen in der Bürener Abschiebehaftanstalt auch weiterhin Nigerianer.

Drei von ihnen werden von dem Paderborner Theologiestudenten Oliver Anhold betreut. „Es ist mir völlig unverständlich, warum diese Menschen, obwohl derzeit keinerlei Möglichkeit besteht, sie nach Nigeria abzuschieben, weiterhin im Gefängnis festgehalten werden,“ schrieb Arnold Ende November dieses Jahres an die Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Zu welchen Verwicklungen die skizzierte Praxis manchmal führen kann, verdeutlicht der Fall des Ezekiel war. Der 21-jährige Nigerianer, dessen Asylantrag abgelehnt worden ist, wurde am                                     2. September dieses Jahres während einer Bahnfahrt von Bochum nach Hamm mit falschen Ausweispapieren erwischt und festgenommen. Seitdem sitzt er in der Bürener Haftanstalt. Am                             6. Oktober teilte Ezekiel O. der zentralen Ausländerbehörde (ZAP) in Dortmund mit, dass er nunmehr „möglichst schnell“ in sein Heimatland abgeschoben werden möchte. Gleichzeitig bat er darum, dass die Behörde „Druck auf die nigerianische Botschaft“ ausüben möge, damit ihm ein gültiger Pass ausgestellt werde.

Alles schien fortan einen guten Weg zu gehen. Seit Anfang November lagen die Passpapiere des Ezekiel O. bei der ZAP in Dortmund schließlich bereit. Der vom Inhaftierten Nigerianer selbst herbeigesehnte Abschiebetermin wurde auf den 14. November festgesetzt. Doch dann kam der von der Landesregierung verfügte Abschiebestopp dazwischen.

Mit einem amtsrichterlichen Beschluss vom 2. Dezember wurde die Abschiebehaft des Ezekiel O. mittlerweile um weitere drei Monate verlängert. „Zwar liegen nunmehr unstreitig die für die Abschiebung des Betroffenen erforderlichen Passersatzpapiere vor, und die geplante Abschiebung des Betroffenen am 14. November ist nur daran gescheitert, dass seit dem 13. November 1995 befristet bis zum 15. Dezember 1995 ein Abschiebestopp für nigerianische Staatsangehörige besteht. Dieser Abschiebestopp steht jedoch der Verlängerung der Sicherungshaft nicht entgegen, da es sich lediglich um ein vorübergehendes Abschiebungshindernis handelt,“ heißt es zur Begründung in dem Beschluss.

Während der Richter seiner Entscheidung mit anhaltender „Fluchtgefahr“ begründet, hat Ezekiel O. für seinen Betreuer Oliver Arnold „durch seine Handlungsweise dokumentiert, dass er nicht untertauchen, sondern in seine Heimat zurück will.“

Abschiebehaft trotz Abschiebestopp. Für den Paderborner Rechtsanwalt Heinrich Werner ist das „eine ganz schlimme Sache“. Der Experte für Ausländerrecht sieht diesbezüglich „eine Lücke“ im Freiheitsentziehungsgesetz, ob der Abschiebestopp für Nigeria über den 15. Dezember hinaus verlängert wird. Sollte sich die rot-grüne Koalition zu einem „Ja“ entscheiden, wird die Situation der Inhaftierten Nigerianer von Tag zu Tag fragwürdiger.