18.10.1995

„Würde wurde mit Füßen getreten“

Zur Berichterstattung über einen 17-jährigen Jungen in der Abschiebehaftanstalt in Büren (WV vom 13. Oktober) meint dieser Leser:

Erschütternd und betroffen lass ich die unmenschliche Lebensgeschichte des 17-jährigen Jhon aus Liberia. Kann es sein, dass ein minderjähriger Junge, der seine Eltern durch ein Massaker verlor, die schrecklichen Strapazen einer Flucht durchlebte, für Monate dafür ins Gefängnis kommt. Ich meine, dass hier etwas mit unserer Gesetzgebung nicht in Ordnung sein kann. Heißt es doch in unserer Verfassung „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Die Würde dieses Jung wurde mit Füßen getreten. Der Jugendliche aus Liberia hat keine Möglichkeit der Trauer und Fluchtbewältigung erhalten, seine Klimatisierung bei uns in Deutschland musste er in einem Gefängnis durchleben.

Erst durch das engagierte Eintreten von ehrenamtlichen Helfern beim Petitionsausschuss des Düsseldorfer Landtages wurde John aus der Abschiebehaft freigelassen. Seine Leidensgeschichte ist damit aber keineswegs abgeschlossen. Ich frage mich, ob so mit einem minderjährige Jungen Menschen umgegangen werden darf. Hier ist die besondere Fürsorge des Jugendamtes gefragt. Aufgrund meiner positiven Erfahrungen mit dem Jugendamt Paderborn fordere ich dazu auf, über das Schicksal von John noch einmal neu und intensiv nachzudenken. Es muss doch einen Weg geben, dass dieser Junge in der Geborgenheit einer Pflegefamilie seine dramatischen Erlebnisse verarbeitet.

Johannes Kurte, Kirchstraße 52, Effeln