18.09.1995

Ab Frühjahr auch Strafgefangene in der JVA

JVA-Leiter Möller referierte vor CDU-Ortsunion/Neuer Arzt für Planspielstelle gesucht

Von Stefanie Schreiber

Büren. Auch in der Bürener Justizvollzugsanstalt wartet zurzeit wieder ein Sudanese auf seine Abschiebung. Dem JVA-Leiter ist die Situation in diesem afrikanischen Land bekannt. „Der einzige internationale Flughafen des Landes befindet sich im rebellischen Norden - in Khartum“, so Möller über den Bürgerkrieg: „Unser Sudanese aber kommt aus dem Süden des Landes.“ In seinem Einzelfall hat der Verantwortliche in „Stöckerbusch“ kaum Zweifel am Hintergrund des Inhaftierten: „Er ist ein politischer Flüchtling.“

Der Bezug zur aufsehenerregenden Abschiebung von sieben Sudanesen blieb ein Nebenthema beim Referat des JVA-Chefs auf der Mitgliederversammlung der CDU-Ortsunion. Viele Neuigkeiten aus dem Abschiebeknast fanden hier nur am Rande Erwähnung. Grund genug für die Neue Westfälische, noch einmal telefonisch nachzufragen beim Herrn über zurzeit 200 Gefangene Flüchtlinge.

Bereits seit einem halben Jahr arbeitet ein hauptamtlicher Arzt in der JVA. Allerdings ist die Planstelle zurzeit nicht besetzt - der dort tätig gewordene farbige Mediziner ist aufgrund einer Erkrankung wieder in seinen vorherigen Wohnort Berlin zurückgekehrt. Die Ausschreibung für die jetzt neu zu besetzende Stelle befindet sich in Vorbereitung.

25 Häftlinge warten bereits länger als sechs Monate auf ihre Abschiebung. Anstalt. Besonders diese Langzeitinsassen betreut psychologisch-sozial inzwischen das DRK. Fünf Erzieher und Sozialpädagogen sind täglich 5 Stunden vor Ort und geben Deutschunterricht, betreiben Kraftsport mit den Häftlingen, basteln oder reden. Kommunikationsprobleme gibt es in der Regel nicht, da die Betreuer, - wohnhaft in gemeinsamen Unterkünften in Castrop-Rauxel und Schöppingen - ursprünglich aus Polen, Russland, der Türkei oder Indien stammen.

Alternativen dazu bieten einfache Arbeiten. Drei Unternehmen aus dem Raum Paderborn lassen geringwertige Tätigkeiten in der JVA ausführen. Ein Häftling bekommt zehn Mark für einen ganzen, fünf Mark für einen halben Tag. Ist das viel, verglichen mit dem Taschengeld von 1,50 Mark pro Tag? Ein CDUler kam auf die „clevere“ Idee, künftig von den Abschiebehäftlingen Beilagen des Stadtspiegels einsortieren zu lassen.

Die wenige Arbeit müssen sich im nächsten Jahr mehr Köpfe teilen. Die im Frühjahr endgültig zum Abschluss kommenden Baumaßnahmen ermöglichen dann die Aufnahme von 600 Häftlingen. Eine neue, große Besucherabteilung wird ebenso wie der Mehrzweckraum bereits in den nächsten Tagen in Betrieb genommen. 30 Plätze in Einzel- und Gemeinschaftsräumen stehen dort nebst einer Cafeteria zur Verfügung. Der Mehrzweckraum kann von den Mohammedanern als Moschee, aber auch für kath. Messen genutzt werden. Kaum zu glauben, Kleinkünstler will Möller sogar in die JVA auftreten lassen. Drei weitere Anbauten sind bisher nur im Rohbau abgeschlossen. Büroräume für Fachdienste wie Pfarrer und Psychologen werden darin untergebracht. Vor allem aber 90 Einzelzellen, in denen zukünftig Straf- und Untersuchungshäftlinge einsitzen.

Unter den Gefangenen Flüchtlingen befinden sich zurzeit drei 16/17-jährige. Einem 17-jährigen Afrikaner, sein Herkunftsland will er nicht verraten, hat sich eine Bürener „Pflegemutter“ angenommen. Sie sucht Mittel und Wege, um ihren aus der Not selbst gewählten „Sohn“ freizubekommen.