08.08.1995

Nur noch, um Gesetz zu genügen

Rot-Grüne Koalition strebt mit Maßnahmen Abbau der Abschiebehaft an

Büren/Kreis Paderborn. Die Grünen im Kreistag halten einen baldigen Verzicht auf private Wachdienste auch in der Abschiebehaftanstalt Büren für realisierbar. Die grüne Kreistagsfraktion reagiert damit auf eine Einschätzung von JVA-Leiter Peter Möller, der die Ziele aus der Koalitionsvereinbarung der neuen rot-grünen Landesregierung als „nicht machbar“ (die NW berichtete) kommentierte.

Bündnis 90/Die Grünen, die weiterhin die Abschaffung der ihrer Meinung nach inhumanen Abschiebehaft fordern, haben laut grüner Kreistagsfraktion zum Beispiel folgende Veränderung festgelegt:

• Abschiebehaft soll durch die NRW-Ausländerbehörden nur in Fällen beantrag werden, in denen keine andere Möglichkeit besteht, den bundesgesetzlichen Vorgaben zu entsprechen.

• In jedem Einzelfall soll die Anwendung mildernder Mittel geprüft werden.

• Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit soll bei Gefangenen, die sich seit mehr als zwölf Wochen in Abschiebehaft befinden, geprüft werden, ob die Haft aufrechterhalten werden kann.

• Von der Abschiebehaft soll abgesehen werden, wenn der Betroffene ausländische Mitbürger in zumutbarer Weise bei der Passbeschaffung mitgewirkt hat und die Durchführung der Abschiebung nach Einschätzung der Ausländerbehörde weiterhin nicht absehbar ist.

“ Nach vier Wochen ein Rechtsbeistand

• Betroffene, die länger als vier Wochen in Haft sind, soll ein Rechtsbeistand zugeordnet werden.

• Für Kranke, hochschwangere und stillende Mütter soll keine Abschiebehaft beantragt werden.

Im Zuge dieser Entwicklung will die neue Landesregierung den Einsatz privater Wachdienste überflüssig machen. Entgegen der Einschätzung von JVA-Leiter Möller hat sich der Grünen-Fraktion zufolge immer wieder gezeigt, „dass diese privaten Wachdienste mit ihrem unerfahrenen Personal in Bezug auf die sie erwartende Problematik in der JVA Büren völlig überfordert sind.“ In Koppelung mit einer Reduzierung der Haftplätze erscheint der Regierungskoalition der Wegfall dieser privaten Wachdienste auch finanziell machbar.

Möllers Motto - „Umsetzbar ist nur Machbares“ - lässt aus Sicht der Grünen außer Acht, dass Umsetzbarkeit und Machbares auf politische Vorgaben angewiesen sind. Umsetzbar und machbar sei, was politisch gewollt und vorgegeben wird. Die Koalitionsvereinbarung könnten als erster Schritt bewertet werden, „die inhumanen Bedingungen der Abschiebehaftanstalt zu verändern und deren Existenz auf Dauer überflüssig zu machen.