31.05.1995

Auch auf Kanzel Abschiebung kaum Thema

„Hilfe für Menschen …“ will Öffentlichkeitsarbeit verstärken

Büren (Vr). Im Anschluss an die Ausstellung Labyrinth Fluchtweg stand im Pfarrheim eine Diskussion statt. Etwa 40 Teilnehmer, unter ihnen die stellvertretende Bürgermeisterin Ingrid Koch (CDU) informierten sich über Menschenschicksale, Flüchtlingsproblematik und die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer in der Abschiebehaftanstalt Stöckerbusch.

Diözesanpräses Pfarrer Georg Austen aus Büren-Siddinghausen, der die Diskussion leitete, stellte fest, dass die Menschen in dieser Region noch viel zu wenig über die Gesamtproblematik wissen. Vorsicht und auch Angst vor Ausländern, Angst vor allem Fremden, aber auch mangelnde Bereitschaft, sich mit diesem Thema zu befassen, führten manches Mal zu Reaktion, die der Sache nur schaden könnten.

Von den Teilnehmern wurde kritisiert, dass es nur wenige Personen des öffentlichen Lebens gebe, die der Ausländerproblematik aufgeschlossen gegenüberstehen, geschweige denn sich engagieren würden. Auch die offizielle Kirche in diesem Kreis mache da keine Ausnahme. Es gebe nur ganz wenige Pfarrer, die zum Beispiel von der Kanzlei dieses Thema beleuchten würden.

In der Diskussionsrunde kam das Gespräch auch auf die Demonstration in Büren, die für viel Zündstoff gesorgt hatte. Die hiesige Bevölkerung ist sehr verärgert über die Sachbeschädigungen, die von etwa 30 „Vermummten“ vorgenommen wurden. Parolen an den Häusern und ein Brandsatz in der Nähe der JVA stellten die Forderung der zum größten Teil friedlich Demonstrierenden in den Schatten. Außerdem wurde dem Verein „Hilfe für Menschen …“ die Verantwortung für die Geschehnisse zugeschoben. Mitglieder des Vereins erhielten vereinzelt massive Drohungen, die an die Vorfälle in Solingen erinnern: „Wir stecken dir das Haus über den Kopf an!“ Oder „Bei der nächsten Demonstration werden hier Schlägertrupps auftauchen. Wir wissen schon, wo wir die herkriegen!“

Der Verein legt Wert auf die Feststellung, dass er sich von solchen Drohungen nicht einschüchtern lasse und seine Arbeit weiter fortführen werde. Er stellt klar, dass er nach wie vor die Forderung der Demonstranten „Abschiebehaft abschaffen“ unterstütze, Sachbeschädigungen lehne er ab. Sie hätten der Betreuungsarbeit eher geschadet als genutzt. Allgemein herrscht Unverständnis darüber, dass die Polizei dem Parolensprühen tatenlos zugesehen habe.

Die Bürener Abschiebehaftanstalt sei längst eine bundesweite, hochpolitische Angelegenheit geworden. Öffentlichkeitsarbeit tätige Not. Die Mitglieder des Vereins seien bereit, noch mehr Aufklärung zu betreiben als sonst. Interessierte Gruppen, Vereine und Schulen werden besucht und informiert. Anmeldungen können an folgende Adresse geschickt werden: „Hilfe für Menschen …“, Postfach 145 1,33131 Büren.