30.05.1995

Betroffenheitsschiene zu stark dargestellt

Betrifft: „Am Anfang war mir zum Heulen …“ in der NW vom 27.Mai.

Ihr Artikel „Am Anfang war mir zum Heulen“ veranlasst mich zu folgender Stellungnahme: Reinhard Menne und ich waren als Mitglieder des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. “ vom Bündnis 90/Die Grünen eingeladen worden, wir sollten über unsere Erfahrungen und Eindrücke resultierend aus der Vereinsarbeit berichten.

Dass diese Erlebnisse und Einschätzungen auch eine emotionale Komponente haben, kann nicht bestritten werden, kommt auch immer wieder zum Ausdruck. In ihrem Artikel wird die Betroffenheitsschiene aber zu stark dargestellt. Sie schreiben zum Beispiel: „Reinhard Menne … stockte …“; Der junge Mann aus Borchen …“; „Sie liefen herum wie im Zoo... Das hat nicht lange beschäftigt …“ Aus dem Zusammenhang gerissen, ergeben die Aussagen in dem Artikel ein merkwürdiges Bild.

Mein Anliegen ist, überzubringen, dass im Abschiebegefängnis Büren Menschen zum Teil mehrere Monate, wie Straftäter inhaftiert werden, obwohl ihr einziges Verbrechen darin besteht, in diesem Land unerwünscht zu sein, keinen deutschen Pass zu besitzen. Daß Abschiebehaft in dieser Form ungerecht ist und gegen die Menschenrechte verstößt wird von vielen zum Beispiel auch von den beiden großen Kirchen so gesehen. Dies gilt es aufzuzeigen, was die geltenden Gesetze verpflichtend vorschreiben, was sie an Ermessensspielraum zulassen. Das Ausländergesetz zwingt die Bundesländer nicht; Menschen, die man meint abschieben zu müssen, wie Straftäter zu behandeln. Hier gilt es den Hebel anzusetzen, um letztendlich eine Änderung der geltenden Gesetze zu erreichen.

Dass wir vom Verein diese politische Schiene sehen, sie für wichtig halten und sie auch fahren, sollte bei unserem Gespräch beim Bündnis 90/Die Grünen zum Ausdruck kommen. Ich hätte es gut gefunden, wenn sie über diese Intentionen wie über die Bemühungen des Vereins konkrete Hilfestellung zu geben berichtet hätten.

Wer sich näher informieren will: Der Verein trifft sich jeden Donnerstag, 20 Uhr im Pfarrzentrum in Büren.

Regine Jäger, Abtsbrede 40e, 33098 Paderborn