12.04.1995

Freiheitsentzug ohne Straftatbestand!

Abschiebehaft:

Caritas: „Es wird zu schnell und so häufig inhaftiert“

Paderborn. Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V. betrachtet mit großer Sorge die gegenwärtige Abschiebehaftpraxis für abgelehnte Asylbewerber. In einer Stellungnahme betont die Caritas, dass Abschiebehaft nicht zur Sanktionierung einer Straftat dient, sondern zur Vorbereitung bzw. Sicherung der Abschiebung als einer administrativen Maßnahme angeordnet wird.                              Fortsetzung auf Seite 4

Abschiebehaft:

„Freiheitsentzug ohne Straftatbestand“

Forts. v. S. 1                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    „Unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass Abschiebehaft im Regel Freiheitsentzug ohne Straftatbestand ist, fragen wir kritisch an, ob dies einem Rechtsstaat noch angemessen und würdig ist. Die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch einen derart einschneidenden Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen scheint uns keinesfalls „gegeben“, heißt es in der Stellungnahme wörtlich. Die Caritas stellt im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis und die Haftbedingungen zum Teil erhebliche Defizite fest:

•Die Anordnung von Abschiebehaft zum Zweck der Abschreckung;

•eine zu schnelle und zu häufige Inhaftierung;

•eine zum Teil unverhältnismäßig lange Haftdauer;

•mangelnde medizinische und vor allem psychologische Versorgung;

•Defizit bei besonderen Sicherungsmaßnahmen in möglichen Konfliktsituationen.

Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn fordert daher den Gesetzgeber auf, seine durch die Einrichtung von Abschiebegefängnissen übernommene Verwaltung für die Inhaftierten wahrzunehmen und die Rahmenbedingungen sorgfältig zu überprüfen und zu verbessern. Dazu gehöre auch die Gewährleistung des freien Zugangs von ehren- und hauptamtlichen qualifizierten Interessenvertretern von Flüchtlingen, um die Situation der Abschiebehäftlinge zu verbessern und gegebenenfalls die Einhaltung menschenrechtskonformer Bedingung zu überprüfen. Der Stellungnahme der Caritas haben sich die Vinzenz-Konferenzen im Erzbistum Paderborn, ein Verband ehrenamtlicher Mitglieder in den Gemeinden, angeschlossen.