01.12.1993

NRW: Privater Wachdienst für Abschiebehäftlinge

Krumsiek erwartet 47.000 Asylverfahren in 1993

Düsseldorf/Büren (ts). NRW setzt im Bereich der Abschiebehaft künftig verstärkt auf privates Wachpersonal. Nach dem Modellversuch mit privaten Fachleuten in Wuppertal soll das Konzept zum Jahresbeginn auf die frühere belgische Kaserne in Büren (Kreis Paderborn) ausgeweitet werden, die zu einer Haftanstalt für 600 Abschiebegefangene umgebaut wird.

Die Finanzlage NRW zwinge zu einer solchen Lösung, meinte gestern Justizminister Rolf Krumsiek. Zurzeit sitzen über 800 Ausländer in NRW in Abschiebehaft. Die durchschnittliche Verweildauer liegt bei 21 bis 25 Tagen, wobei beispielsweise Polen und Rumänien schneller abgeschoben werden können. Bis zum Jahresende erwartet Krumsiek ein Anstieg der Gefangenen auf rund 1000, die dann zum Teil in den drei Hafthäusern von Büren untergebracht werden sollen.

Positiv bewertet Krumsiek den bisherigen Einsatz „schwarzer Sheriffs“ und ihre Zusammenarbeit mit Justizvollzugsbediensteten. Gravierende Schwierigkeiten seien nicht bekannt geworden. Unmittelbare Gewaltsanwendung - außer in Notwehrfällen - sei ihnen nicht erlaubt. „Hoheitliches Handeln bleibt dem Beamten vorbehalten“, meinte der Justizminister.

Für die Grünen nannte ihr rechtspolitischer Sprecher Roland Appel den Einsatz privater Wachdienste „rechtsstaatswidrig“. Krumsiek verschweige die Schwachstellen der Abschiebehaft. Allein im Hafthaus Gütersloh habe es von März bis Juni 1993 sechs Suizidversuche gegeben.

Für dieses Jahr rechnet Krumsiek mit rund 47.000 Asylverfahren an den NRW-Verwaltungsgerichten, 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Erheblich verkürzt worden sei die Dauer der Verfahren. Eilverfahren in NRW dauern noch 2,3, Klageverfahren 9,9 Monate im Durchschnitt.