01.09.2006

Friedenspreis für Gegner von Abschiebehaft

Aachen (dpa) – Der Aachener Friedenspreis ist zum dritten Mal in seiner Geschichte an eine Flüchtlingsorganisation gegangen. Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft“ der sich im bundesweit größten Abschiebegefängnis im westfälischen Büren engagiert, wurde am Freitag in Aachen ausgezeichnet. Es sei auch ein Zeichen „gegen eine immer rigoroser und unmenschlicher werdende Abschiebepolitik“ sagte Friedenspreis Vorsitzender Otmar Steinbicker.

Der kleine Verein kämpft beharrlich und mit friedlichen Mitteln gegen Abschiebehaft. Er setze sich konkret für die Häftlinge ein, sagt Steinbicker bei der Verleihung. Der mit 2000 Euro dotierte Aachener Friedenspreis ehrt Menschen, die sich „von unten her“ für Frieden und Menschenrechte einsetzen. Er wird am weltweiten Antikriegstag, dem 1. September, verliehen.

„Abschiebehaft ist Unrecht“

Vertreter der Preisträger verurteilen die Abschiebehaft als Unrecht. „Ein Staat, der behauptet, Rechtsstaat zu sein, darf die Abschiebehaft nicht einsetzen“, sagte die Gründerin und Vorsitzende des Bürener Vereins, Regine Jäger. Die Haft sei das stärkste Sanktionsmittel für Straftäter. Betroffene Flüchtlinge hielten sich ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland auf. Das sei lediglich eine Ordnungswidrigkeit. Die Inhaftierung von bis zu 18 Monaten verstoße gegen das Recht auf Freiheit und gegen das Gebot der Gleichbehandlung.

Der 1994 gegründete Verein mit rund 50 Mitgliedern hat bisher 10.000 Häftlinge in Büren bei Paderborn betreut. Die Mitglieder setzen sich auch für bessere Haftbedingungen ein. Der Verein erreichte nach eigenen Angaben die Abschaffung der sogenannten Schaukelfesselung, bei der Hände und Füße auf dem Rücken zusammengebunden werden. Nach Angaben des Friedenspreisträgers „Pro Asyl“ (2001) haben sich 49 Menschen in Abschiebehaft seit 1993 das Leben genommen.

Arbeit auf „bitterem Feld“

Der Schriftsteller Günter Wallraff bescheinigte den Vereinsmitgliedern in seiner Laudatio sie leisteten wirklich ungewöhnliches“. Der Bürener Verein arbeite „auf einem bitteren Feld“. Dort gibt es nur wenig von dem, was sie unter „Menschenrechten“ verstehen.“ Die Preisträger entdeckten „häufig genug fragwürdige Beschlüsse und dubiose Gerichtsentscheidung“. „Deshalb schafft es der Verein, 20 bis 25 Prozent der Häftlinge aus Büren freizubekommen.“ Jeder Freigelassene sei „ein Sieg über diese Institution der Unmenschlichkeit“. Wallraff fügte hinzu, das Grundrecht auf Asyl sei in Deutschland „zu einem reinen Ausnahmerecht geworden“. Es sei „reine Glückssache“, ob ein Asylbewerber anerkannt werde oder nicht.“ Auf jeden Fall gilt: Im Zweifel wird gegen den Asylbewerber entschieden.“

Friedenspreis seit 1988

Der mit 1000 Euro dotierte Aachener Friedenspreis wurde 1988 von einem Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und Bürgergruppen ins Leben gerufen. Im Gegensatz zum internationalen Aachener Karlspreis soll mit der Auszeichnung Engagement und Zivilcourage von Menschen gewürdigt werden, die ohne öffentliche Ämter für den Frieden arbeiten.

Zu den Trägern des traditionell zum Antikriegstag am 1. September verliehenen Preises zählen die deutsche Schauspielerin Hanne Hiob, der US-Jesuitenpater Roy Bourgeois, die türkische Anwältin Eren Keskin und die Initiative Petersburger Soldaten Mütter.

Mit Material von dpa