01.09.2006

Aachener Friedenspreis geht an Gegner der Abschiebehaft

10.000 Häftlinge in Büren betreut

Aachen (LiZ). Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ erhält den Aachener Friedenspreis 2006, weil er „seit mehr als zehn Jahren beharrlich von unten und mit friedlichen Mitteln gegen Abschiebehaft kämpft und sich zugleich sehr konkret für die betroffenen Menschen – Häftlinge - einsetzt“, wie der Verein „Aachener Friedenspreis“ bekannt gab. „Wir wollen mit dieser Auszeichnung das Augenmerk der Öffentlichkeit auf die menschenunwürdige Praxis der Abschiebungshaft lenken und ein deutliches Zeichen geben eine immer rigoroser und unmenschlicher werdende Abschiebepolitik und gegen seine Flüchtlingspolitik setzen, der die Abwehr von Flüchtlingen wichtiger ist, als der Schutz bedrohter Menschen“, heißt es in einer Mitteilung.

Seit über zehn Jahren kämpft der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ mit friedlichen Mitteln gegen Abschiebehaft. Ziel des Vereins ist letztlich die Abschaffung der Abschiebehaft. Konkret hat sich der Verein zwei Aufgabenschwerpunkte gesetzt: Hilfestellung für Menschen in Abschiebehaft und Unterstützung von Abschiebung bedrohter Flüchtlinge, Öffentlichkeit- und Lobbyarbeit für Menschen in Abschiebungshaft.

Seit seiner Gründung hat der Verein rund 10.000 Abschiebehäftlingen in der Abschiebungshaft Büren betreut. Wöchentlich leisten zwölf ehrenamtliche Helfer ca. 100 Beratungsstunden in der Abschiebungshaft. Sie beraten, stellen Kontakte zu Anwälten her, begleitend Häftlinge auch zu Gerichtsverhandlung und vertreten die Interessen der Flüchtlinge gegenüber der Anstaltsleitung.

Dem Einsatz des Vereins ist es zu verdanken, dass in der Abschiebungshaft die sogenannte „Schaukelfesselung“ abgeschafft worden ist. Außerdem wurden auf Initiative des Vereins Telefonzellen in der Abschiebungshaftanstalt Büren installiert und die Möglichkeit geschaffen, dass Flüchtlinge sich in den Zellen gegenseitig besuchen können.

Zurzeit bereitet der Verein eine Strafanzeige gegen die Anstalt vor, wegen der unzureichenden medizinischen Versorgung der Gefangenen und es läuft erneut ein Versuch auf politischer Ebene, die Vermeidung der Inhaftierung Minderjährige durchzusetzen.

Der Verein hat ca. 50 Mitglieder, von denen ca. 12 konkret Flüchtlinge in der Abschiebehaftanstalt betreuen. Der Verein finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Er hat es ausdrücklich abgelehnt, Landesmittel in Anspruch zu nehmen, da er sich in diesem Fall zur Loyalität gegenüber der Anstaltsleitung hätte verpflichten müssen und dann zum Beispiel seine Pressearbeit mit der Anstaltsleitung hätte abstimmen müssen.

Die Spenden des Vereins in Höhe von 10.000 bis 15.000 Euro jährlich kommen den Gefangenen in der Abschiebungshaft zugute.

Die Abschiebungshaftanstalt Büren ist mit einer Kapazität von 560 Betten das größte Abschiebegefängnis Deutschlands. Bisher ist es ein reines Männergefängnis, umgeben von einer sechs Meter hohen Betonmauer und Stacheldrahtzäunen und ausgestattet mit modernster Sicherheitstechnik. Das Abschiebegefängnis liegt abgelegen in einem Wald 20 Kilometer südlich von Paderborn, 8 km von Büren entfernt. Das Gefängnis ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen. Die Abschiebungshaftanstalt Büren wird derzeit großzügig weiter ausgebaut.

Der Aachener Friedenspreis wird jedes Jahr am 1. September vergeben und ist mit 1000 Euro dotiert. Er geht ausschließlich an Personen, die keine öffentlichen Ämter bekleiden.

Mani

Die Ganztagshauptschule Aretzstraße

Aachener Friedenspreisträger 2002,

freut sich mit dem Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft e.V. und schreibt dazu:

Viele unserer Schülerinnen und Schüler kennen die Situation von Flüchtlingen aus eigenem Erleben. Die Verleihung des diesjährigen Friedenspreises hat uns veranlasst, den Erfahrungen unserer Schülerinnen und Schüler im Unterricht einen Raum zu geben und ihnen mit dieser Grußbotschaft eine Stimme zu verleihen:

Wenn man flieht und alles hinter sich lässt, ist das ein großer Verlust. Wenn man aus dem Land, in das man geflohen ist, abgeschoben wird, ist das noch viel schlimmer.

Wenn Menschen abgeschoben werden, haben sie Angst. Man hat Angst, weil man nicht weiß, wie es weitergeht. Eltern haben Angst um ihre Kinder und Angst vor der Zukunft. Sie haben Angst, ihren Kindern kein Essen bieten zu können. Mit der Zeit kann es so schlimm werden, dass die Eltern sich wünschen, keine Kinder zu haben und nicht mehr leben wollen.

Die Menschen, die abgeschoben werden, denken, dass sie in ihrem Land kein Zuhause mehr haben, dass sie keine Arbeit bekommen und kein Geld haben. Die Eltern machen sich Sorgen, was aus den Kindern wird, die die Sprache nicht so gut sprechen und schreiben können. Wie sollen sie klarkommen?

Die Menschen kommen und bitten uns um Hilfe und wir sagen NEIN - das ist eine Art von Diskriminierung.

Wenn man sich in der Lage der Betroffenen versetzt, gebe es keinen Krieg und keinen Streit.