26.07.2014

Vorerst in Freiheit

Richter rügen Abschiebehaft, die Anstalten entlassen Flüchtlinge

Karlsruhe- Zuerst hat der europäische Gerichtshof die Abschiebehaft in Deutschland beanstandet, dann hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwei Rügen ausgesprochen - nun sollen alle Abschiebehäftlinge freikommen. Das Bundesinnenministerium hat seine nach geordneten Behörden und die Länder über den Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Mittwoch informiert und auf ein Ende der Haft in den betreffenden Fällen hingewirkt. Für die Aufhebung der Haftanordnung sind allerdings die Gerichte zuständig. Ein Sprecher des Ministeriums sagte der Deutschen Presseagentur, allein aus der Zuständigkeit der Bundespolizei seien 30 Häftlinge von der BGH-Entscheidung betroffen, die inzwischen fast alle auf freiem Fuß seien. Insgesamt saßen bis zur Entscheidung des BGH bundesweit weniger als 100 Flüchtlinge in Abschiebehaft. Pro Jahr summiert sich deren Zahl auf zuletzt etwa 4800. Vor zwei Tagen hat der BGH die Vorschrift zur Abschiebehaft als zu vage beanstandet - womit eine Vielzahl der Häftlinge ohne Rechtsgrundlage im Gefängnis saß. Der BGH stützte sich auf eine seit Jahresbeginn geltende Änderung des EU-Rechtes, wonach das Gesetz konkret die Voraussetzung einer Abschiebehaft regeln muss - zum Beispiel, wenn der Flüchtling über seine Identität getäuscht hatte oder früher einmal untergetaucht ist. Im Aufenthaltsgesetz war dagegen nur die Rede von „begründeten Verdacht“, dass sich der Betroffene der Abschiebung entziehen wollte. Inzwischen ist allerdings eine neue Vorschrift in Vorbereitung. Nach Angaben des Bundesinnenministerium sollen Flüchtlinge auch künftig in Haft genommen werden können, wenn sie beispielsweise unter Umgehung der Grenzkontrollen einreisen, ihre Papiere vernichtet haben oder die Mitwirkung an der Feststellung der Identität verweigern. Auch falsche Angaben zum Reiseweg sollen als Haftgrund ausreichen. Der Entwurf wird derzeit zwischen den Mistministerien abgestimmt. Derweil hat der BGH am Freitag bekräftigt, dass Abschiebehäftlinge nicht in einer normalen Justizvollzugsanstalt eingesperrt werden dürfen. Das hatte bereits in der vergangenen Woche der europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden. Nordrhein-Westfalen aber beharrte darauf, Flüchtlinge nach wie vor im Gefängnis in Büren im Kreis Paderborn unterzubringen, weil die Strafgefangenen in einem anderen Gebäudekomplex säßen. Der BGH dagegen erklärte das Modell Büren für rechtswidrig: Flüchtlinge dürften nur in gesonderte Einrichtung gebracht werden. Das JVA-Büren kündigte nun an, dass die rund zwei Dutzend Abschiebehäftlinge voraussichtlich rasch freigelassen würden.  Wolfgang Janisch