12.09.2012

Neue Westfälische

Bleiberecht scheitert an 1 Minute

Junger Flüchtling aus Afghanistan wurde trotz eines entgegenstehenden Gerichtsbeschlusses abgeschoben

Dortmund/Büren (gar) Ein junger Mann aus Afghanistan, der mehrere Wochen in der Abschiebehaftanstalt Büren (JVA) gesessen hatte, ist nach Informationen dieser Zeitung nach Italien abgeschoben worden, obwohl ein Gericht zuvor im Eilverfahren entschieden hatte, dass der Betroffene bis auf weiteres in Deutschland bleiben darf. Offenbar handelt es sich um eine schwere Panne, bei der eine oder mehrere Behörden versagt haben. Der afghanische Staatsangehörige Aziz L. (21) war am 31. März 2010 bereits einmal nach Italien abgeschoben worden. Obwohl gegen ihn eine Wiedereinreisesperre bestand, kam er am 3. Juli 2012 erneut nach Deutschland. Aziz L. wurde in einem Intercity erwischt und in der JVA Büren gebracht. Das Bundesamt für Migranten und Flüchtlinge lehnte ein Asylfolgeantrag des Betroffenen ab. Dagegen erhob Aziz L. am 17. August Klage beim Verwaltungsgericht in Oldenburg, dass für ihn wegen seiner Vorgeschichte zuständig war. Das Verwaltungsgericht schickte der Stadt Dortmund als zuständiger Ausländerbehörde (ZAB) am 20. August ein Fax und bat darum, „von Vollstreckungsmaßnahmen bis zu einer gerichtlichen Entscheidung abzusehen“. Nach aus Auskunft des Verwaltungsgerichts wurde am 21. August um 11:00 Uhr ein Eilantrag des Flüchtlings stattgegeben. Das war kaum überraschend. Diverse deutsche Verwaltungsgerichte wollen derzeit nicht zulassen, dass Asylbewerber nach Italien abgeschoben werden, weil sie dort ohne ausreichende Versorgung leben müssen. Über die gerichtliche Eilentscheidung wurde die Behörde, darunter auch die ZAB in Dortmund, unverzüglich fernmündlich unterrichtet. Am 21. August um 11:30 Uhr teilte dann die ZAB Dortmund der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen laut einem internen Vermerk mit, dass die Bundespolizei am Flughafen Köln /Bonn „aufgrund einer telefonischen Mitteilung die Abschiebung nicht stornieren wolle“. Um 12:04 Uhr hob das Flugzeug mit Aziz L.an Bord ab. Der Gerichtsbeschluss sei per Telefax bei der Bundespolizei erst um 12:05 Uhr - also 1 Minute zu spät- angekommen. Das teilt die Stadt Dortmund mit.