24.01.2018

Pressemitteilung

Schwere Menschenrechtsverletzungen in der Abschiebehaft Büren

Büren – Ein Mitglied des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. erstattet heute bei der Staatsanwaltschaft Paderborn Anzeige gegen eine leitende Mitarbeiterin der Abschiebehaftanstalt in Büren wegen gefährlicher Körperverletzung (§§ 223 u. 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 255 StGB).  

Die Vollzugsleiterin der Abschiebehaft in Büren soll angeordnet haben, einem Gefangenen unwissentlich Medikamente in sein Essen zu mischen. Dies ist einem Bericht zu entnehmen, den zwei Mitarbeiter der Abschiebehaft verfasst haben. Außerdem war die leitende Mitarbeiterin ohne triftigen Grund immer wieder bei zwangsweisen Entkleidungen von Gefangenen anwesend und riss einem Gefangenen den Intimschutz weg. Diese Vorwürfe wurden am 17.1.2018 von Radio Hochstift veröffentlicht.

Ein Mitglied des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. hat am heutigen Tag durch seinen Anwalt Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Paderborn gestellt. Die Staatsanwaltschaft wird nun gegen die leitende Vollzugsbeamtin ermitteln.

Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V., geht davon aus, dass im Rahmen der Ermittlungen weitere Vorwürfe gegen die Leitung der Einrichtung zu erheben sind: „Das ist gerade mal die Spitze des Eisberges. Gefangene berichten, dass es weitaus schlimmere Vorwürfe gegen die Einrichtung gibt. Allerdings lassen sich diese nur schwer überprüfen.“

Der Verein kritisiert schon seit langem, dass Menschen regelmäßig und willkürlich in Isolationshaft genommen werden. Dabei wird ihnen teilweise jede Form der Beschäftigung genommen. Selbst der Besitz von Papier und eigener Kleidung wird untersagt, jeglicher Kontakt zu Mitgefangenen unterbunden. „Auch aus diesem Bereich müssen wir damit rechnen, dass es immer wieder zu Übergriffen gekommen ist. Zumindest wurde uns das von den Inhaftierten immer wieder gemeldet.“

In der Abschiebehaft in Büren fehlt es an effektiven Kontrollen. NGO´s werden bei ihren Besuchen in der Abschiebehaft in Büren massiv behindert, sie dürfen nicht mehr mit allen Gefangenen reden und müssen oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Weitere wirklich unabhängige Gremien gibt es in Büren nicht. Während das Land nach den schweren Übergriffen in der Flüchtlingsunterkunft in Burbach überall dezentrale Beschwerdemanagements eingesetzt hat, wurde ein solches in der Abschiebehaft nicht vorgesehen. „Hier ist man einfach davon ausgegangen, dass Übergriffe nicht dokumentiert werden müssen, weil die Betroffenen in der Regel nach dem Aufenthalt in Büren abgeschoben werden“.  

Der Verein ist entsetzt darüber, dass die leitende Mitarbeiterin trotz der schweren Vorwürfe, welche sowohl der Einrichtung in Büren als auch der Landesregierung bereits seit Wochen bekannt sind, nicht beurlaubt wurde. Es muss Alles getan werden, damit weitere Übergriffe ausgeschlossen sind.

Gockel fordert, dass nun eine weitere Aufklärung erfolgen muss. Er glaubt aber nicht, dass die Abschiebehaftleitung in Büren dabei offen kommunizieren werde. „Die Leitung hat z.B. auf Anfrage von Radio Hochstift angegeben, dass die durchschnittliche Krankenrate der Mitarbeiter in Büren 17 Prozent betrüge. Dies ist aber falsch. Die Zahl galt lediglich für Ende Dezember. Im Jahresmittel war sie wesentlich höher, teilweise lag sie bei 40 Prozent.“

Die Landesregierung plant nun ein neues Abschiebehaftvollzugsgesetz, um die Haftbedingungen in Büren durch gesetzliche Normen zu verschlechtern. So sollen die Besuchsmöglichkeiten von NGO´s weiter eingeschränkt und den Gefangenen der Austausch untereinander erschwert werden. Die Einrichtung soll noch mehr Möglichkeiten erhalten, die Grundrechte der Gefangenen zu beschneiden. „Anstatt die Täter zu bestrafen, will die Landesregierung sich schützend vor die Beamten stellen und ihnen weitere Vollmachten einräumen, um in Zukunft zu verhindern, dass Informationen an die Öffentlichkeit kommen.“

Ohne eine Personalaufstockung hat die Landesregierung zusätzlich noch die Anzahl der inhaftierten Menschen von 140 auf 175 Personen erhöht. „Gerade mit den erhobenen Vorwürfen ist dies nicht hinnehmbar. Die Vorwürfe machen deutlich, dass die ganze Einrichtung schon jetzt vollkommen überfordert ist.“ Ein weiteres Mal fordert der Verein ein Umdenken in der Politik und ein Ende der Abschiebehaft in Deutschland.

Der Verein ruft die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abschiebehaft in Büren auf, weitere Hinweise zur Misshandlung von Gefangenen direkt an die Staatsanwaltschaft Paderborn oder an den Verein unter der E-Mail info@gegenAbschiebehaft.de weiterzuleiten.