14.11.2018

Neue Westfälische

Abschiebung mit Schulden

Unterbringung für Ausreisepflichtige: Viele Häftlinge stehen beim deutschen Staat in der Kreide, wenn sie die Bürener Einrichtung verlassen. Künftig fällt die Haftrechnung noch höher aus

Von Karl Finke

Büren. Die Unterbringung in der Abschiebehaftanstalt Büren ist teuer, und der deutsche Staat bemüht sich redlich, das Geld von den Ausländern vielleicht einmal zurück zu bekommen. Die Bezirksregierung in Detmold hat den Tages-Kostensatz für die Unterbringungseinrichtung (UfA) neu kalkuliert und das Ergebnis überrascht: Es wird teurer, obwohl die Aufwendungen für eine einzige (kostenfreie) Rechtsberatung und für religiöse Betreuung nicht mehr veranschlagt werden.

De rBürener Betreuungsverein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft hatte die Umsetzung der kostenlosen Rechtsberatung angemahnt. 3,16 Euro pro Tag und Häftling waren zuletzt berechnet worden unabhängig davon, ob ein Häftling einen Rechtsanwalt plus Dolmetscher in Anspruch nahm oder nicht. Sprecher Frank Gockel wunderte sich auch über Kosten in Höhe von 1,09 Euro für die evangelische Seelsorge und „0,43 Euro für Beratung durch die evangelische Frauenhilfe Westfalen, obwohl diese nicht stattfindet“.

Der Kostensatz in der UfA werde als pauschaler Tagessatz berechnet, so das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen auf Anfrage der NW. Der Tagessatz in Büren betrage seit September 262,07 Euro pro Tag und Häftling. Bei einer durchschnittlichen Haftdauer von vier Wochen würden sich die Kosten für einen ausreisepflichtigen Häftling über diesen Zeitraum auf mehr als 7.000 Euro summieren.

DieUfA Büren teilt die Haftkosten jeweils der zuständigen Ausländerbehörde mit. Diese prüft, welche Kostenschuldner außer dem Häftling in Betracht kommen. Sollten keine vorrangigen Schuldner ermittelt werden, macht die Behörde den Betrag gegenüber dem abzuschiebenden Ausländer geltend. Bargeld-Pfändungen würden in Büren aber nicht durchgeführt, so das NRW Ministerium.

Die bei einer Abschiebung offen bleibende Haftkostensumme würde „häufig (erst) im Zusammenhang mit einem (Visum-)Antrag auf Wiedereinreise“ von der jeweiligen Person eingefordert, so das Ministerium weiter – und: Bei einer Wiedereinreisewürdebezüglich der zu Buche stehenden Schulden immer eine Einzelfall- Entscheidung getroffen.

Zu den vom Bürener Betreuungsverein kritisierten „Gebühren“ für die seelsorgerische Betreuung und die Rechtsberatung nimmt das Ministerium wie folgt Stellung: „Von der angebotenen Rechtsberatung (Erstberatung) machen ca. 40 Prozent der Inhaftierten Gebrauch. Eine große Zahl der Untergebrachten wird außerdem bereits von einem Anwalt vertreten, der für sie schon vor der Inhaftierung tätig war.“ Grundsätzlich stünde Häftlingen auch die Möglichkeit einer Verfahrenskostenhilfe einschließlich der Beiordnung eines Rechtsanwalts offen.

Wie viele Häftlinge in der UfA Büren tatsächlich die in den Tageshaftkostensatz eingerechnete seelsorgerische Hilfe in Anspruch nehmen, werde statistisch nicht erfasst und unterliege auch der Vertraulichkeit – so das Ministerium.

Mitten im Wald: Die früherer Justizvollzugsanstalt, heute als Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige bezeichnet.

Übt Kritik: Frank Gockel, Sprecher des Büren-Vereins, hier bei einer Mahnwache vor der UfA.