Koalitionsvertrag: Viel Lärm um nichts

Büren – Der Koalitionsvertrag der Rot-Grünen Regierung in NRW stellt sich im Bereich der Abschiebehaft überwiegende als Luftnummer heraus und erfüllt in Teilen gerade nur die gesetzlichen Vorgaben.

 

In den Zeilen 5181 bis 5189 werden im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen Themen rund um den Bereich der Abschiebehaft behandelt. Was die Abschiebehaft anbelangt sind vorwiegend Selbstverständlichkeiten vereinbart worden. Beispielsweise heißt es: „Für Minderjährige müssen die Vorgaben der EU-Rückführungsrichtlinie und der UN -Kinderrechtskonvention Beachtung finden, das heißt es müssen altersgerechte Freizeitbeschäftigungen und Erholungsmöglichkeiten gewährleistet und der Zugang zu Bildung ermöglicht werden.“ Dabei ist zu beachten, dass beide Vorschriften geltendes Bundesrecht und daher ohnehin einzuhalten sind.

 

Auch der Satz „Abschiebehaft kann in einem Rechtsstaat nur Ultima Ratio sein und soll soweit als möglich vermieden werden“ ist bereits im geltenden Recht und in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verankert.

 

Die Forderung aus dem Koalitionsvertrag „Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht sein, die personell und materiell ihre altersgemäßen Bedürfnisse berücksichtigen“ bleibt sogar hinter geltendem Kinder- und Jugendrecht zurück, weil mit der Einschränkung „soweit wie möglich“ eine Hintertür offen gelassen wurde, die das geltende Recht nicht vorsieht.

 

Lediglich die Ausführungen, dass der Abschiebehaftvollzug so human wie möglich ausgestaltet werden soll, könnten zu Hoffnungen Anlass geben. Allerdings hat die Rot-Grüne Regierung im letzten Jahr durch die Verlegung der Frauen von der JVA Neuss in die JVA Büren ihre eigenen Vorgaben konterkariert. Die Haftsituation für Frauen hat sich objektiv verschlechtert. So wurden z.B. die Aufschlusszeiten der Frauen drastisch gekürzt und die medizinische Versorgung hat deutlich nachgelassen. Da in der JVA Büren auch Straftäter untergebracht sind, sind viele Erleichterungen, die in anderen Bundesländern selbstverständlich sind, wie z.B. die Nutzung von Handys, permanenter Aufschluss etc., in Büren nur schwer realisierbar.

 

„Der Koalitionsvertrag macht deutlich, wie schlecht es um die Rechte von Abschiebehäftlingen in NRW steht“, so führt Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins ´Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.´ aus. „Wenn man sich veranlasst sieht, Selbstverständlichkeiten wie die Einhaltung von Gesetzen niederzuschreiben, wirft das ein bezeichnendes Licht auf die momentane Situation“, so Gockel weiter. Zur Unterstützung der Häftlinge fordert der Verein `Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.´ eine kostenlose anwaltliche Vertretung im gesamten Haftverfahren. Eine juristische Verfahrensbegleitung, ähnlich wie sie Untersuchungshäftlingen zukommt, ist unbedingt notwendig. Leider steht dazu nichts im Koalitionsvertrag.  

 

„Wir brauchen einen offenen Dialog, in dem die Landesregierung allen Seiten zuhört und nicht nur darauf vertraut, dass die ausführende Behörde ihre Arbeit macht“, so Gockel. „Es gibt erschreckend viele Defizite im Bereich der Anordnung der Abschiebehaft und im Vollzug. Das Grundrecht auf Freiheit wird zu oft missachtet. Dem muss Einhalt geboten werden.“