11.05.2011

Neue Westfälische

Mann wirft eigenes Baby an die Wand

23-Jähriger ist möglicherweise schuldfähig

Paderborn/Büren (JS). Eigentlich schien es klar auf der Hand zu liegen, dass Bahrija H. psychisch krank ist. Schließlich hatte der 23-Jährige am 23. November 2010 seinen kleinen, gerade erst vier Wochen alten Sohn an die Wand geworfen und ihm dadurch schwere Kopfverletzungen zugefügt.

Ein Fall, der die Paderborner Justiz sofort an Schuldunfähigkeit und die Unterbringung des Mannes in einem forensischen Krankhaus denken ließ. Aber möglicherweise ist Bahrija H. gar nicht so schwer psychisch krank.

Gestern jedenfalls äußerte das Paderborner Schwurgericht daran ernste Zweifel. Die Richter ziehen nunmehr eine Bestrafung des 23-Jährigen in Betracht. Nach der Anhörung von zwei Ärzten sind sie sich nämlich nicht sicher, dass Bahrija H. von Wahnvorstellungen gepeinigt war, als er seinen Sohn an die Wand der Besucherzelle in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Büren warf.

Denn während er dem Gutachter Gerhard Dankwart berichtete, die Tat begangen zu haben, um aus der JVA herauszukommen, in der er sich von kriminellen Kräften verfolgt fühlte, stellte der 23-Jährige seinem Arzt in Eickelborn die Sache ganz anders da. Während ihres Besuches habe ihm die Mutter des Kindes mitgeteilt, dass er nicht der Vater des Jungen sei, und da sei er ausgerastet, bekundete Bahrija H. in der Forensik.

Zwei unterschiedliche Versionen aus dem Munde des Abschiebehäftlings, die dem Gericht zu denken geben – zumal dieser aktuell während seines Aufenthaltes in Eickelborn psychisch völlig unauffällig ist, wie sein Arzt sagte. Eine Unterbringung in der Forensik ist damit für das Schwurgericht vom Tisch.

Ob der 23-Jährige wegen versuchten Totschlags zu verurteilen sein wird, hängt von der Ansicht der Experten ab, die die Richter demnächst vernehmen wollen. Noch in diesem Monat soll ein Arzt aus der Klinik, in der der Junge stationär behandelt werden musste, genaue Auskunft zu den Verletzungen geben. „Es ist für uns nicht unwichtig zu erfahren, was dem Kind passiert ist und wie gefährlich das war“, kündigte der Vorsitzende Richter auch die Anhörung eines Rechtsmediziners an.