01.09.2009

Neue Westfälische

„Signal für Unmenschlichkeit“

250 Menschen demonstrieren friedlich vor der Abschiebehaftanstalt in Büren

VON JULIA GRAVENSTEIN

Büren. Rund 200 Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen demonstrierten friedlich in Büren gegen Abschiebehaft und für weltweite Bewegungsfreiheit. Ihre zentrale Forderung war die sofortige Schließung aller Abschiebehaftanstalten und ein Bleiberecht für alle. Begonnen hat die Demonstration mit einer Kundgebung vor der Justizvollzugsanstalt (JVA) Büren. Sie fand im Rahmen der Aktionswoche gegen Abschiebung statt.

Das Datum der Demonstration ist nicht zufällig gewählt. Jedes Jahr findet um den 30. August herum eine Protestaktion, organisiert von der Büren Gruppe, statt. Grund ist der Tod von Rachid Sbaai am 30. August 1999. Er kam damals durch ein von ihm gelegtes Feuer in seiner Zelle ums Leben. Seit dem 14. Januar 1994, der Eröffnung der JVA Büren, „steht der Stöckerbusch in Büren als mahnendes Signal für die Unmenschlichkeit des Asylsystems der Bundesrepublik“, sagte Frank Gockel, Versammlungsleiter der Demonstration und Mitglied der Büren Gruppe. Das System wurde stark kritisiert: „Die Politiker haben 1951 nahtlos das Ausländerrecht des Terrorregimes übernommen“, so Gockel.

Kathrin Dallwitz von der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge Bielefeld empörte sich über die fehlende Umsetzung der Integration. Anstatt alle miteinzubeziehen finde „ein Aussortieren nach Verwertbarkeitsinteressen“ statt.

Auch ein ehemaliger Häftling aus der JVA kam zu Wort. Er behauptete,während seiner 14-tägigen Haft geschlagen worden zu sein. Außerdem habe man ihm Medikamente vorenthalten. Gockel und andere Mitglieder des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“ sind jeden Donnerstag zur Beratung der Abschiebehäftlinge in der JVA. Sie suchen mit ihnen gemeinsam nach Lösungen von Problemen. Als positive Entwicklung müssten die Demonstranten die Rückläufigkeit der Zahlen der Abschiebehäftlinge sehen. Anstaltsleiter Volker Strohmeyer erklärte dazu: „Wir haben derzeit etwa 166 Abschiebehäftlinge und 130 Strafgefangene. Die Zeiten, in denen wir an die 400 Abschiebehäftlinge hatten, sind vorbei“.

Doch das reicht den Demonstranten nicht. Sie fordern die sofortige Abschaffung aller Abschiebeknäste. „Es darf keine Grenzen zwischen den Nationen geben“, beschwert sich Michael Heinrichs. Er ist jedes Jahr dabei und befürwortet die Öffnung der Grenzen und das Bleiberecht für alle Migranten.

Strohmeyer und seine Angestellten haben sich mittlerweile an die jährliche Demonstration gewöhnt. An diesem Tag herrschen verstärkte Sicherheitsvorkehrungen, und die Häftlinge dürfen keinen Besuch empfangen. Auch die Freizeitmöglichkeiten sind in dieser Zeit eingestellt. „Wir halten diese Einschränkungen aber möglichst kurz“, erklärt Strohmeyer. Verständnis aus deren Sicht auf die Politik hat Strohmeyer schon, „aber wir haben hier eine staatliche Aufgabe, die wir erfüllen müssen“.

Die Polizei war mit einer Einsatz-Hundertschaft angerückt mit Beamten aus Paderborn und Bielefeld. Nach Auskunft von Polizeisprecher Michael Biermann wurden Vorkehrungen wie für eine normale Demonstration getroffen.

 

Mit Plakaten und Losungen: Rund 250 Menschen demonstrierten in Büren gegen die Praxis der Abschiebehaft. Außerdem wurden in mehreren Sprachen Grußbotschaften an die Inhaftierten übermittelt. FOTO: JULIA GRAVENSTEIN