26.10.2008

Unsere Kirche

Wo bleibt die Menschenwürde?

FREDENSPRE5TRAGEF FRANK GOCKEL

zu Gast beim Dekadekreis zur Überwindung von Gewalt

BAD OEYNHAUSEN - „Die Menschenrechte stehen im zweiten Halbjahr im Zentrum der Veranstaltung des Dekadekreises zur Überwindung von Gewalt“, so Pfarrer i. R. Peter-Michael Voss zu Beginn der Vortragsveranstaltung mit Friedenspreisträger Frank Gockel im Dietrich-BonhoefferHaus.

Frank Gockel, dem im Jahr 2005 der Aachener Friedenspreis verliehen wurde, engagiert sich seit über zehn Jahren in der Flüchtlingsberatung und ist Vorsitzender des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“

Die Mitglieder dieses Vereins betreuen die in der Abschiebehaft in Büren lebenden Gefangenen. Das Bürener Abschiebegefängnis, das nach der 1992 beschlossenen Änderung des Asylgesetzes eingerichtet wurde, ist die zentrale Haftanstalt für Männer im Bundesland Nordrhein- Westfalen.

Der Referent berichtete über die Bedingungen dieser Haft, die im längsten Fall bis zu 18 Monaten dauern könne. Den Häftlingen steht höchstens eine Stunde Freigang im Hof zu, den Rest des Tages verbringen sie in der Zelle, die sie mit drei bis fünf anderen Männern teilen. „Eigentlich sollte man annehmen, dass einer solchen Behandlung eine Straftat vorausgehen müsste. Das ist jedoch nicht der Fall. In Abschiebehaft befinden sich Menschen, die nichts getan haben. Ihnen fehlen lediglich die richtigen Papiere. Für die Einweisung in ein Abschiebegefängnis genügt der „begründete Verdacht“, sich der Abschiebung entziehen zu wollen. Juristisch gesehen ist die Abschiebehaft damit eine ‚Haft ohne Strafe‘. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Haftbedingungen besser wären als in einer gewöhnlichen Justizvollzugsanstalt, sondern lediglich, dass die Abschiebehäftlinge keinen Anspruch auf Entschädigungen haben, falls ihre Inhaftierung im Nachhinein als unrechtmäßig anerkannt wird“, so Gockel.

Die Zahl der Asylanträge in Deutschland sei seit der Einführung der Drittstaatenregelung ständig rapide gesunken. Diese Regelung beinhaltet, dass sich alle Menschen, die über so genannte „sichere Drittstaaten“ in die BRD eingereist sind, in diesen Drittstaaten um ihr Asyl bemühen müssen. Die BRD klassifiziert alle Mitgliedsstaaten der EU und zusätzlich die Schweiz und Norwegen als sichere Drittstaaten. Deutschland hat sich also rundherum mit Puffern umgeben. Gab es im Jahr 1992 noch weit über 400 000 Asylanträge pro Jahr, so waren es 2007 nur noch rund 16 000. Von diesen Anträgen sei nicht einmal jeder hundertste anerkannt worden.

Die Mitglieder des Vereins halten Kontakt zu den Inhaftierten, begleiten sie bei Gängen zu Rechtsanwälten oder zu Gerichtsterminen .„Die Menschen dort bekommen kaum Besuch, auch Besuche von Angehörigen sind schwierig, weil das Gefängnis hinter hohen Mauern acht Kilometer entfernt von Büren liegt, so Frank Gockel.

Wenn die Menschen dann nach der Haft abgeschoben würden, sei ihr Schicksal sehr ungewiss: Der Referent berichtete von etlichen Fällen, in denen nach der Abschiebung die Betroffenen in den Ländern, in die sie zu rückgeschickt worden seien, verschwunden seien. Ar Ende des Abends stellte sich die Frage, inwieweit die Abschiebehaft und deren Bedingungen mit den Menschenrechten vereinbar sind.

 

FOTO: MONIKA STOCKHAUS

Pfarrer i.R. Peter-Michael Voß (rechts) und Pfarrerin Grit Gundulah Voß begrüßten für den Dekadekreis zur Überwindung von Gewalt im Ev. Kirchenkreis Vlotho Frank Gockel der für sein Engagement für Menschen in der Abschiebehaft mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet wurde.