20.08.2008

Neue Westfälische

Für offenen Vollzug ungeeignet

Seit einem Jahr sitzen in der Abschiebehaftanstalt Büren auch Strafgefangene

VON KARL FINKE

Büren. Für nicht wenige Männer erscheint die Strafhaft in „Stöckerbusch“ wie ein besseres Zuhause. Hier dürfen sie täglich duschen und genießen eine ärztliche Versorgung, wie sie ihnen draußen nicht zur Verfügung steht. Dies mag mit ein Grund dafür sein, dass seit einem Jahr einige schon „drei, viermal“, so Anstaltsleiter Volker Strohmeyer, ihre Ersatzfreiheitsstrafe in Büren angetreten haben.

Seit einem Jahr sind in der „Abschiebehaftanstalt“ Büren auch reguläre Strafgefangene untergebracht. 131 Plätze stehen dafür in Haus 1 zur Verfügung. In Zellen, die von 1-5 Häftlingen belegt werden könne – mittlerweile meist mit einer Person mehr als geplant. „Wir steuern auf eine permanente Überbelegung zu“, sagt Dunja Ring, die hier den Strafvollzugsdienst leitet. Die letzten drei Monate brachte die JVA im Durchschnitt 142 Häftlinge unter; in Spitzenzeiten schon 160.

Das Klientel sind Männer, die einen Strafbefehl über bestimmte Tagessätze erhalten haben, jedoch nicht zahlen können oder wollen. Öfter werden sie auf der Straße festgenommen. „80-85 Prozent haben Suchtprobleme“, so Strohmeyer. Viele seien psychisch labil, suizidgefährdet. Vollzugsleiterin Ring beschreibt die Insassen von Haus 1 als „für den offenen Vollzug nicht geeignet“. Seit Januar kümmert sich halbtags auch ein Sozialarbeiter um diese Gefangenen. Seit Anfang Juli verstärkt noch ein Psychologe die Betreuung. Nur in der JVA Büren steht der Krankenpflegedienst rund um die Uhr zur Verfügung.

Bei der Betreuung der Gefangenen setzen die Verantwortlichen auf zwei Säulen: einen rhytmisierten Tagesablauf auch mit Freizeitangeboten und soziale Kontakte, „die bei vielen schon verloren gegangen sind“, so Dunja Ring, die bilanziert: „Bis jetzt hat das, toi, toi, toi, gut geklappt.“ Trotz der Überbelegung sind Katastrophen ausgeblieben.

Besondere Anforderungen an das Personal und die Führungsverantwortung stellt die hohe Zahl der oft auch kurzfristigen Zu- und Abgänge. „Die Leute können sich täglich durch Geld auslösen“, so Dunja Ring. Das geschehe durch Angehörige, aber auch durch Mitgefangene bei deren Entlassung, wenn diese ihr Arbeitsentgeld – Strafgefangene müssen in Haft arbeiten – für Kameraden einsetzen. Die durchschnittliche Haftdauer beträgt 46 Tage.

Mit dem neuen Haftbereich ist das Personal um 10 Bedienstet gewachsen. 20 Anwärter für den Justizvollzugsdienst befinden sich zurzeit in Ausbildung. Die Gesamtzahl mit den Beschäftigten den privaten Sicherheitsdienstes beträgt in der JVA Büren zurzeit 200. Leiter Strohmeyer sagt: „Wir möchten unseren Personalkörper weiter vergrößern.“

Probleme können gelöst werden

Werner Paaßen aus Salzkotten- Bosenholz, Gewerkschaftssekretär im Ruhestand, ist Vorsitzender des achtköpfigen JVA-Beirats, der den Gefangenen als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Sprechstunden werden nach Absprache immer zu zweit abgehalten. Dazu kommt es laut Paaßen „drei- bis fünfmal im Monat“. Thematisiert werden von den Gefangenen Essenswünsche (zurzeit liefert eine Firma aus der Aatalklinik), das Einkaufsangebot und Möglichkeiten einer Verlegung in eine heimatnähere Haftanstalt. Letzteres sei aufgrund der unberechbaren Haftdauer aber unmöglich. Jüngere Gefangene würden häufiger das Gespräch mit dem Beirat suchen und auch rechtliche Fragen ansprechen. „90 Prozent der Probleme können gelöst werden“, sagt Paaßen: „Im humanen Strafvollzugsdienst hat diese Haftanstalt einen guten Ruf – das ist allgemein bekannt.“ (fin)

 

Hier wird abgerissen und neu gebaut: JVA-Leiter Volker Strohmeyer, Beiratsvorsitzender Werner Paaßen, Dunja Ring als Leiterin der Strafvollzugsabteilung und der stellvertretende Anstaltsleiter Karlheinz Wogesin, auch Personalchef (v. l.) vor dem alten Sanitätsbereich. FOTO: KARL FINKE