26.07.2024
BGH: Abschiebehäftling muss kompletter Haftantrag ausgehändigt werden
Karlsruhe – Seit über 30 Jahren setzt sich der Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. für die Rechte der Abschiebehäftlinge ein. In einer Rechtsbeschwerde des Vereins hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr die Rechte der Betroffenen gestärkt. Sie müssen den kompletten Haftantrag ausgehändigt bekommen.
Vor dem Beschluss über die Abschiebehaft wird der Betroffene von einem Amtsrichter angehört. Um wissen zu können, worum es bei der Anhörung geht, muss der Betroffenen den Haftantrag der Ausländerbehörde erhalten und übersetzt bekommen. Ohne den Haftantrag weiß er nicht, was ihm überhaupt vorgeworfen wird. Dabei kommt es regelmäßig vor, dass die Betroffenen nicht den kompletten Haftantrag erhalten und ihnen z.B. Ergänzungen oder Anhänge vorenthalten werden.
Gegen dieses Vorgehen richtete sich eine Rechtsbeschwerde, welche der Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren beim BGH eingelegt hat. In einer Leitsatzentscheidung hat der BGH nun einen noch nicht veröffentlichten Beschluss gefasst, welche die Rechte der Betroffenen wesentlich stärken. Der BGH führt am 11.6.2024 (Az.: XIII ZB 49/21) aus: „Dem Betroffenen müssen vor seiner gerichtlichen Anhörung wesentliche Ergänzungen und Änderungen des Haftantrages in geeigneter Weise mitgeteilt und erforderlichenfalls übersetzt werden.“
„Dieses ist eine wichtige Grundsatzentscheidung, welche die Rechte der Betroffenen wesentlich stärkt“, so Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins. Er ist allerdings enttäuscht, dass diese Grundsatzfrage
überhaupt dem BGH vorgelegt werden muss. „Stellen Sie sich vor, sie werden angeklagt, erhalten die Anklageschrift nicht und sollen sich vor Gericht verteidigen, dieses kafkaeske Modell kommt in der Praxis der Abschiebehaft immer wieder vor“, führt Gockel weiter aus.
Der Bürener Verein unterstütz immer wieder Abschiebehäftlinge bei der Verfahrensführung und gewinnt fast jeden zweiten Fall. Diese Rechtsvertretung ist mit erheblichen Geldbeträgen für Anwälte und Gerichtsgebühren verbunden. Der Verein bittet daher immer wieder um Spenden, um die Rechte der Betroffenen stärken zu können.