21.08.2006

Gesetzeswidrige Vorführung von Flüchtlingen

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Düsseldorf. Dutzende von Flüchtlingen sollen nach einem Plan der Bundespolizei Koblenz in der nächsten Woche einer Delegation aus Nigeria vorgeführt werden, um entsprechende Passersatzpapiere zu erhalten. Dieses erfolgt nicht, wie im Gesetz vorgeschrieben, in der nigerianischen Botschaft, sondern in Räumen der Zentralen Ausländerbehörde Düsseldorf (ZAB Düsseldorf). Obwohl die Delegation angeblich im Auftrag der nigerianischen Botschaft arbeitet, weiß diese anscheinend nichts von dieser Aktion.

Aus ersten Schätzungen geht hervor, dass bis zu 100 Flüchtlinge in NRW in den letzten beiden Tagen Post von der Ausländerbehörde erhalten haben. In diesen Schreiben, die oft mit dem Wort „Vollstreckungsverfügung“ überschrieben sind, werden die Betroffenen aufgefordert, sich in der nächsten Woche bei der Ausländerbehörde zu melden, um ihrer „Heimatbotschaft“ vorgeführt zu werden. Ferner heißt es, dass, wenn sie der Aufforderung nicht nachkommen sie auch zwangsmäßig vorgeführt werden können.

Dieses wäre soweit rechtlich in Ordnung, wenn es sich tatsächlich um eine Vorführung bei der „Heimatsbotschaft“ handelt. Was damit gemeint ist, ist in verschiedenen, internationalen Verträgen (z.B. Wiener Übereinkommen vom 18.4.1961 und 4.4.1963) festgelegt. In Deutschland wäre dieses für Nigeria die Botschaft in Berlin und das Konsulat in Bonn. Doch die Bundespolizei in Koblenz, die die Vorführung plant, hat die Ausländerbehörden in NRW angewiesen, die Betroffenen zur ZAB Düsseldorf zu bringen.

In der ZAB Düsseldorf sitzen in der nächsten Woche angeblich Vertreter Nigerias, die anscheinend nicht von der Botschaft autorisiert worden sind. Auf Nachfrage des Vereins “Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ konnte die Botschaft Nigerias keine Auskünfte über diesen Termin geben, er war ihr anscheinend nicht bekannt.

Bereits in der Vergangenheit hat es ähnliche Delegation aus Guinea und Vietnam gegeben, die auch in Massenverfahren Papiere für Flüchtlinge ausgestellt haben. Diese Delegationen waren höchst zweifelhaft besetzt, so war bei der letzten Guineavorführung bei der ZAB Dortmund ein Vertreter anwesend, der bereits wegen sogenannter „Schleusertätigkeiten“ aufgefallen war. Aus Berichten von Vorgeführten wurde bekannt, dass die Mitglieder der Delegation nicht bereit waren, ihren Namen zu nennen und teilweise versucht haben, ihre Identität mit Sonnenbrillen zu schützen. Es kam immer wieder vor, dass dem Betroffenen untersagt wurde, mit Beiständen oder Rechtsanwälten zu erscheinen. Obwohl bei einigen der Vorgeführten klar war, dass sie nicht aus dem Land kamen (sie sprachen z.B. die Sprache nicht), erhielten sie dennoch Passersatzpapiere und wurden anschließend abgeschoben.

Der Verein “Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ bittet betroffene Flüchtlinge, vor einer angeblichen Botschaftsvorführung, unbedingt rechtlichen Beistand einzuholen oder eine Flüchtlingsberatungsstelle aufzusuchen, damit abgeklärt werden kann, ob der Betroffene tatsächlich seinen Heimatsbehörden vorgeführt wird oder zu dubiosen „Delegationen“ gebracht werden sollen. Bei letzterem empfiehlt der Verein dringend, Rechtsmittel gegen die Vollstreckungsverfügung einzulegen.

„Es ist ein Skandal, dass die Behörden sogar die offiziellen Botschaften umgehen, nur um Papiere für Flüchtlinge zu erhalten“, so Frank Gockel vom Verein “Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“, „anscheinend ist den Behörden das deutsche Gesetz vollkommen egal, wenn sie jemanden abschieben können“.