18.07.2014

Abschiebehaft in Knästen ist rechtswidrig

EU-Gerichtshof verbietet deutsche Praxis/Betroffene müssen separat untergebracht werden

Von Thomas Krüger

Ausländer, die aus Deutschland abgeschoben werden sollen, dürfen nicht gemeinsam mit Straftätern in Gefängnisse gesperrt werden. Das hat der europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag festgestellt damit ist klar, dass die Praxis mehrerer Bundesländer gegen Europa-Recht verstößt. Die „Rückführungsrichtlinie“, die 2008 vom EU-Parlament und dem europäischen Rat verabschiedet wurde, sehe vor, „dass die Inhaftierung von illegal aufhältigen Drittstaatenangehörigen zum Zweck der Abschiebung grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen erfolgen muss“, heißt es in dem Urteil. Deutschland hätte die EU-Richtlinie bis Ende 2010 umsetzen müssen. Die Abschiebehaft sei keine Strafe, deshalb verstoße die Unterbringung in normalen Gefängnissen gegen die „Menschenwürde von Migranten“, hatte Generalanwalt Yves Bot vor einigen Wochen argumentiert. Der EuGH gesteht Deutschland zu, dass es nicht in jedem Bundesland eine eigene Haftanstalt für Abschiebefälle geben müsse. Die rechtsgemäße Unterbringung könne auch durch Kooperation untereinander sichergestellt werden.

Bundesländer in der Pflicht

Nach Angaben der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl gab es solche Institution zum Zeitpunkt der Klage in sechs Bundesländern. Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen weisen die Abschiebehäftlingen in normale Strafanstalten ein. Das Innenministerium in Schwerin teilte auf Anfrage der Frankfurter Rundschau mit, dass Mecklenburg-Vorpommern eine langfristige Zusammenarbeit mit Brandenburg und anderen Ländern anstrebe. Ein ähnliches Verfahren wird in mehreren Bundesländern praktiziert. Eine Sprecherin des Düsseldorfer Innenministeriums sagte der FR, das Urteil müsse nun genau geprüft werden. Das Land Bayern, indem einer der Kläger einsaß, hat inzwischen eine Einrichtung geschaffen. Eine weitere Klage kam aus Hessen. In Abschiebehaft kommen in Deutschland zunehmend abgelehnte Asylbewerber, über deren Aufenthalt nach Auffassung der deutschen Behörden in einem anderen EU-Land entschieden werden soll. Andere Gründe dafür können abgelehnte Asylanträge, illegale Einreise oder die Gefahr des abtauchen sein. Nach Angaben der Bundesregierung ist die Zahl der Abschiebehäftlingen in den vergangenen Jahren zurückgegangen -von 8800 im Jahr 2008 auf 6400 im Jahr 2011. Neuere amtliche Zahlen gibt es nicht. Pro Asyl berichtet, dass Abschiebehaft oft zu Unrecht verhängt werde. Von 9??? Fällen eines ihrer Anwälte haben seit 2002 die Häftlinge eine einer rechtlichen Prüfung nicht standgehalten.

 „Ganz auf Haft verzichten“

Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast, hat das Urteil des europäischen Gerichtshofs gegen die Abschiebehaft in Deutschland begrüßt. Die Luxemburger Richter machten zu geltenden Recht was ihre Partei schon lange forderte: „Abschiebehäftlingen und Strafgefangene dürfen nicht in die gleiche Einrichtung“, sagt die frühere Partei- und Fraktionschefin der Grünen der Frankfurter Rundschau. Es sei gut, „wenn nun der Zwang zu getrennter Einrichtung die Länder zum Nachdenken zwingt, ob überhaupt in all den Fällen Haft die richtige Antwort“ sei.