01.02.2012

Neue Westfälische

Abschiebehaft zu Unrecht verlängert

Zweifel an Urteil des Amtsgerichts Paderborn

Paderborn (jkl). Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat entschieden, dass ein Abschiebehäftling unrechtmäßig lange in Abschiebegefängnis Büren (Kreis Paderborn) gesessen hat. Das Amtsgerichts Paderborn hatte die Haft gegen den Mann, der bereits drei Monate im Gefängnis gesessen hatte, um weitere drei Monate verlängert, ohne dass die Ausländerbehörde genauer angegeben hatte, wie viel Zeit sie bis zu seiner Abschiebung noch bräuchte. Der Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ geht nach diesem Beschluss davon aus, dass zahlreiche Urteile des Amtsgerichts zur Abschiebehaft von Asylbewerber nicht korrekt waren. Der Verein hatte im Namen des 34-jährigen Marokkaners in Karlsruhe geklagt. Der BGH pocht in seinem Urteil auf das „Beschleunigungsgebot“ in Abschiebehaftverfahren. Die Ausländerbehörden müssen alles tun, um die Haft so kurz wie möglich zu halten. Es sei nicht zulässig, eine Haftverlängerung einfach pauschal und ohne nähere Begründung zu beantragen. Bernd Emminghaus, Pressesprecher des Paderborner Amtsgerichts, sieht nun die Ausländerbehörde in der Pflicht. Diese müssten neben triftigen Gründen für eine Haftverlängerung auch konkrete Angaben zu deren Dauer machen. Herbert Temporios, Ordnungsamtsleiter des Kreises Paderborn, versichert, Betroffene würden nie unnötig lange festgehalten: „Wir bemühen uns, die Abschiebung innerhalb von drei Monaten abzuschließen.“ Zudem gehe das Amtsgericht schon seit einiger Zeit sehr vorsichtig mit dem Thema um. Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins, sieht das anders. Die Praxis, die Abschiebehaft ohne genauere zeitliche Eingrenzung zu verlängern, sei nicht ordnungsmäßig und „leider kein Einzelfall. Wir kennen mehrere hundert Fälle, die nach dieser Rechtsprechung des BGH unrechtmäßig waren. Die tatsächlichen Fälle dürften sich in die tausende bewegen“, so Gockel. Mit einer Klagewelle rechnet er jedoch nicht. „Viele Betroffene sind inzwischen abgeschoben.“