15.01.1997

Neue Westfälische

Aufstand in der JVA Büren wurde vor dem Landgericht verhandelt / Siah B. (36) erneut verurteilt

Gericht: Abschiebehäftlinge können nicht meutern

Von Hubertus Gärtner

Büren/Paderborn. Im rechtlichen Sinne können Abschiebehäftlinge zwar generell nicht meutern. Deshaibhat die 3. Kleine Strafkammer des Paderborner Landgerichts einen 36jährigen Tunesier „nur wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Auch nach den Feststellungen der Berufungsinstanz hatte sich der Angeklagte Ostern 1995 maßgeblich an einer Revolte in der Bürener Abschiebehaftanstalt beteiligt. Wie berichtet, sorgte der „Aufstand“, in den mehrere dutzend Häftlinge involviert waren, seinerzeit für beträchtliches Aufsehen und politische Debatten über die Haftbedingungen. In einer Zelle wurden damals zwei Wärter überwältigt. Die Rädelsführer nahmen den Vollzugsbeamten die Schlüssel ab, befreiten weitere Mitgefangene und verbarrikadierten sich auf dem Flur. Dann wurde in ein Feuer angezündet — es entstand beträchtlicher Sachschaden.

Von den vielen Tätern wurde am Ende nur SIah B. strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Der Grund: Die übrigen Teilnehmer der Revolte- sind mittlerweile abgeschoben, einige von ihnen tauchten unter.

Im Gegensatz zum Paderborner Amtsgericht qualifizierte die 3. Kleine Strafkammer des Landgerichts das Geschehen nicht als „Gefangenenmeuterei“ im Sinne des § 121 Strafgesetzbuch. Hintergrund: Insassen einer Abschiebehaftanstalt sind nach dem Willen des Gesetzgebers keine Gefangenen sondern „auf behördliche Anordnung in einer Anstalt Verwahrte“. Auf sie findet der § 121 keine Anwendung. Rotten sich wie in diesem Fall „Verwahrte“ zusammen, bleiben „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ und „Nötigung“ — Tatbestände, bei denen geringere Freiheitsstrafen drohen. Die 3. Kleine Strafkammer milderte deshalb auch die verhängte Strafe von ursprünglich acht auf sechs Monate. Weil Slah B. sich unerlaubt in Deutschland aufhielt, und ihm deshalb in einem gesonderten Verfahren eine Geldstrafe auferlegt worden war, wurde letztlich aber doch wieder eine Gesamtfreiheitstrafe von acht Monaten auf Bewährung gebildet.

Der Angeklagte hatte auch in der zweiten Instanz jegliche Beteiligung an dem Oster-Aufstand in der Bürener Abschiebehaftanstalt bestritten. Einer der Wärter identifizierte SIah B. jedoch als Täter.