29.05.2014

Dauer von Abschiebehaft

Abschiebehaft kann relativ kurz dauern, wenn ein Pass oder Passersatzpapier vorliegt und es nur noch darum geht, die Reise zu organisieren. Aber die meisten Flüchtlinge haben keinen gültigen Pass. Und dann wird die Dauer der Abschiebehaft wesentlich dadurch bestimmt, wie lange die Behörden Deutschlands und des Herkunftslandes brauchen, um ein Passersatzpapier zu beschaffen.

Eine der Voraussetzungen für Abschiebehaft ist, dass es möglich sein muss, die Abschiebung in drei Monaten durchzuführen.

Weil Abschiebehaft eine Form der Freiheitsentziehung und damit eine schwere Einschränkung von Menschenrechten ist, gilt der Beschleunigungs-Grundsatz: Die Behörden müssen alle Schritte der Abschiebung so schnell wie möglich durchführen, da sonst eine Fortdauer der Abschiebehaft unverhältnismäßig wäre.

Soweit die Theorie. In der Praxis ist es allerdings so, dass die Grundrechte von Ausländern und Ausländerinnen in Abschiebehaft all zu leicht auf der Strecke bleiben - zwischen den Interessen der deutschen Ausländerämter und der für die Ersatzpapiere zuständigen ausländischen Botschaften. Und die Justiz versteht ihre Rolle nach unserer Erfahrung oft nicht wirklich als Kontrollinstanz sondern unterstützt die Haltung der deutschen Behörden oft kritiklos.

So ging die Rechtsprechung beim Amts- und Landgericht Paderborn früher regelmäßig davon aus, dass ein Ausländer oder eine Ausländerin, die keinen gültigen Pass besitzt, grundsätzlich 6 Monate hinter Gittern abwarten muss, ob es den deutschen Behörden gelingt, ein Passersatzpapier zu besorgen. Und dies, obwohl es bei vielen Ländern gar keine Möglichkeit gibt, das Verfahren bei den ausländischen Botschaften und Konsulaten  zu beschleunigen. Wir halten das für rechtlich und menschenrechtlich unerträglich. Inzwischen hat sich die Auffassung dazu bei vielen Gerichten glücklicherweise geändert.

Unerträglich ist die Dauer und die Ungewissheit in Abschiebehaft auch für viele der Betroffenen: Sie wissen nicht, wie lange es dauern wird. Sie wissen nicht, ob am Ende ein Passersatzpapier ausgestellt wird und die Abschiebung folgt oder ob sie doch noch bleiben können. Und die Ungewissheit vergrößert sich noch, weil sie nicht wissen, was sie in ihrem Herkunftsland erwartet: Verhaftung, Obdachlosigkeit, Wiedersehen mit Familie nach langer Zeit und dem Scheitern in Europa, Arbeitslosigkeit...

Nach dem Ausländergesetz ist eine Verlängerung von Abschiebehaft über 6 Monate hinaus nur möglich, wenn der Ausländer oder die Ausländerin ihre Abschiebung behindert. Daraus kann sich auch leicht ein Konflikt ergeben: Wenn das Herkunftsland oder die Identität unklar ist, kann das als Behinderung ausgelegt werden und der Ausländer oder die Ausländerin hat ohne Papiere keine Chance seine / ihre Identität zu beweisen.

Die maximale Länge von Abschiebehaft beträgt 1 ½ Jahre. Das kommt selten vor. Denn nur, wenn die Ausländerbehörde noch einen realistischen Plan hat, wie eine Abschiebung durgeführt werden kann, darf Abschiebehaft weiter verlängert werden. Abschiebehaft hat nur den Zweck der Sicherung einer Abschiebung und darf nicht als Beugehaft eingesetzt werden.