14.04.2019

Voraussetzungen

Eine Voraussetzung für Abschiebehaft ist, dass der Ausländer / die Ausländerin kein Aufenthaltsrecht (mehr) in Deutschland hat und dass eine Abschiebung in den nächsten drei Monaten möglich ist.

Solange ein Ausländer / eine Ausländerin ein gültiges Aufenthaltsrecht hat (Aufenthaltserlaubnis, Duldung, Visum), kann also keine Abschiebehaft beantragt werden. Und wenn es gelingt, während der Abschiebehaft wieder ein Aufenthaltsrecht zu bekommen, entfällt damit die Voraussetzung für die weitere Inhaftierung und der / die Betroffene muss sofort freigelassen werden.

Im Gesetz ist die Vorschrift über die Möglichkeit der Abschiebung in 3 Monaten umgekehrt formuliert (AufenthG § 62 Abs. 3 Satz 4): „Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.“

Dies ist eine sehr schwache Einschränkung. Zum Beispiel dauert es bei Abschiebungen nach Indien und Pakistan immer 4 – 6 Monate, bevor ein Passersatzpapier ausgestellt wird, außer wenn der / die Betroffene schon einmal einen Pass besessen hat bzw. schon einmal abgeschoben worden ist. Wenn Ausländerbehörden nun behaupten, es gäbe einen Fall, in dem eine Abschiebung innerhalb von 3 Monaten gelungen sein, steht nicht mehr fest, dass dies nicht möglich ist. Und es ist schwierig dies zu widerlegen – welche Botschaft gibt einem schon eine Auskunft, dass es mehr als 3 Monate dauern wird bis man die Papiere hat?

Dennoch kann man immer wieder versuchen, dieses Argument vorzubringen und zu untermauern. Dabei kann helfen, dass inzwischen in § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Inhaftnahme [...] auf die kürzestmögliche Dauer zu beschränken" ist.

Eine Beschluss, in dem Abschiebehaft für mehr als 3 Monate angeordnet wird, ist rechtswidrig, weil dann ja offensichtlich feststeht, dass die Abschiebung nicht in den nächsten drei Monaten durchgeführt werden kann. Nach der Rechtsprechnung des BGH ist es notwendig, dass die beantragte Dauer von Abschiebehaft von der Ausländerbehörde genau und auf den Einzelfall hin begründet wird.

Bei "Überstellungen" in einen anderen europäischen Staat nach der Dublin-Verordnung beträgt die maximal mögliche Dauer 6 Wochen nachdem das Dublin-Zielland auf die Anfrage Deutschlands geantwortet hat oder ein Eilantrag gegen die Dublin-Entscheidung rechtskräftig ist. Die Antwort muss im Fall von Abschiebehaft spätestens nach 2 Wochen eintreffen.

Eine andere Voraussetzung ist, dass die Staatsanwaltschaft der Abschiebung zugestimmt haben muss, wenn es ein Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen den Betroffenen gibt. Bei Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz selbst gilt das allerdings nicht (vgl. § 72 Abs. 4). Versäumt es die Ausländerbehörde, die Einwilligung der Staatsanwaltschaft zur Abschiebung einzuholen und das im Antrag auf Abschiebehaft aufzuschreiben, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der Antrag sogar unzulässig und die Abschiebehaft unrechtmäßig.

Es gibt noch einige weitere formelle Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit von Haftbeschlüssen, die oft dazu führen, dass Haftbeschlüsse von oberen Gerichten (Landgericht, Bundesgerichtshof) aufgehoben werden. Meistens hilft das erst nachträglich. Es kann aber sehr wichtig dafür sein, dass beim Visumsverfahren für eine spätere Einreise keine Haftkosten bezahlt werden müssen.

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