11.07.2018

Pressemitteilung

Kabinett NRW beschließt härtere Haftbedingungen

Büren/Düsseldorf – Das Landeskabinett NRW hat am 10.7.2018 einen neuen Gesetzentwurf zur Regelung des Abschiebehaftvollzuges beschlossen. Es sollen massive Verschärfungen im Haftrecht eingeführt werden.

„Ein kaum vorstellbarer Rückschritt im Haftrecht für geflüchtete Menschen“, kritisiert Frank Gockel, Pressesprecher des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. den Entwurf des neuen Abschiebehaftvollzugsgesetzes.

Unter anderem ist geplant, ein Sanktionssystem zu etablieren, nach dem die Mitarbeiter der Abschiebehaft entscheiden können, was strafbewährt sein soll und welche Strafe verhängt wird. Schließlich wird von ihnen die Strafe auch vollzogen. „Fühlt sich z.B. ein Beamter beleidigt, weil ein Gefangener etwas zu ihm gesagt hat, was er nicht verstanden hat, so legt das Gefängnis fest, dass die gefühlte Beleidigung bestraft werden muss, sie führt die Ermittlungen durch, bestimmt das Strafmaß und führt die Bestrafung durch. Die Anstalt ist damit Legislative, Judikative und Exekutive in einem“. Als Sanktionsmaßnahme ohne gesetzliche Grundlage werden schon jetzt Geflüchtete regelmäßig in Isolierhaft eingeschlossen. Der Bürener Verein befürchtet, dass das in Zukunft noch häufiger der Fall sein wird.

Neu ist auch die Absicht, den Gefangenen die Kommunikationswege nach Draußen zu beschränken.  So können ihnen demnächst das Telefonieren verboten und die Besuchsmöglichkeiten stark eingeschränkt werden. „Damit wird den Betroffenen die Möglichkeit genommen, auf ihrer Situation aufmerksam zu machen. Sie können, falls sie sich z.B. in der Isolierhaft befinden, nicht einmal mehr Kontakt zu einem Anwalt aufnehmen.“

Ferner ist geplant, eine Eingangsabteilung in Büren einzurichten. Innerhalb der ersten Woche des Aufenthaltes in Büren sollen dann nach willkürlich festgelegten Kriterien und ohne dass es eine rechtliche Prüfmöglichkeit gibt, die Gefangenen in zwei Gruppen eingeteilt werden. Während den Gefangenen der einen Gruppe mehr Freiheiten eingeräumt werden, sollen für die der anderen Gruppe die Haftbedingungen von vornherein eingeschränkt werden.

Ob es zu Einschränkungen beim Zugang der Gefangenen zu den Betreuungsangeboten anerkannter Flüchtlingshilfsorganisationen kommen wird, ist noch unklar. Bereits seit einigen Wochen ist der Zugang von Gefangenen zum Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren willkürlich reglementiert und eingeschränkt. Nicht jeder Gefangene darf sich z.B. wöchentlich in eine Liste eintragen, in der die Gesprächswünsche gesammelt werden. Von sich aus haben die Betreuer des Vereins kaum die Möglichkeit mitzubestimmen, welche Gefangenen sie sprechen wollen.

Neu ist auch, dass in Zukunft Hafträume mehrfach belegt werden können. Der Bürener Verein befürchtet, dass geplant ist, damit die massive Aufstockung der Haftplätze voranzutreiben. „Unter der Hand werden schon Zahlen von 250 Haftplätze genannt“, so Gockel.

„Seit 1993 ist es das erste Abschiebehaftvollzugsgesetz im Bundesgebiet, das einen so deutlichen Rückschritt in den Haftbedingungen für die Gefangenen mit sich bringt“, so Gockel. „Hintergrund dürfte sein, dass die aktuelle Einrichtung mit dem Betrieb überfordert ist und allein dem Ruf nach “ Sicherheit und Ordnung” folgt. Anstatt Gespräche zu suchen, werden die Haftbedingungen verschärft.“ Gockel zeigt sich enttäuscht, dass Flüchtlingsminister Stamp nicht im Vorfeld bereit war, für den Gesetzentwurf auch unabhängige Gesprächspartner zu suchen und so auch eine andere Sicht als die der Einrichtungsleitung zu erhalten. „Nun liegt es am Parlament, dass geflüchtete Menschen nicht wie Strafgefangene behandelt werden.“